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Berlin: Großer Ärger wegen kleiner Job-Offensive

Mehrere Bezirksbürgermeister haben Auszubildende übernommen. Postwendend kürzte ihnen der Finanzsenator das Budget

Sieben von zwölf Bezirksbürgermeistern haben zurzeit gleich mehrfachen Ärger mit dem Senat. Grund: Ende September hatten die Rathauschefs von Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Reinickendorf, Tempelhof-Schöneberg, Spandau, Treptow-Köpenick und Pankow insgesamt rund 50 Azubis als Beamte auf Probe in die Bezirksverwaltungen übernommen. Damit haben sie nach Ansicht des Senates gegen den bestehenden Einstellungsstopp verstoßen.

Die Strafe folgte auf dem Fuße und bestand zunächst in einem gepfefferten Brief von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD). Der sieht seine „unmissverständlich gegebenen Hinweise“ ignoriert und „den Willen des Parlaments grob missachtet“. Sarrazin kündigt den Bezirksämtern die Kürzung ihres Personalbudgets um die entsprechenden Summen an. Ein Beispiel: Friedrichshain-Kreuzberg soll wegen der Verbeamtung von fünf Azubis in diesem Jahr knapp 39 000 und im nächsten Jahr 138 000 Euro weniger bekommen. Damit nicht genug, denn drei Tage darauf flatterte den Bürgermeistern auch ein Schreiben der Innenverwaltung auf den Tisch, die im Auftrag des Regierenden Bürgermeisters die Einleitung von Disziplinarmaßnahmen prüft und eine Stellungnahme der Rathauschefs anfordert. Man wolle wissen, „wie viele wann aus welchen Gründen übernommen wurden“, hieß es gestern in der Innenverwaltung.

Die Stellungnahmen der betroffenen Bürgermeister sind so gut wie fertig – und ähneln sich: Erstens sei die Übernahme der jungen Leute keine Neueinstellung, sondern eine Weiterbeschäftigung, denn als Azubis in der Verwaltung waren sie bereits „Beamte auf Widerruf“. Und zweitens beziehe sich der Einstellungsstopp auf das Land, aber nicht auf die Bezirke, denen ohnehin die Personalhoheit für ihre Verwaltungen obliege.

Cornelia Reinauer (PDS), Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, hält die Übernahme angesichts von bereits investierten 37 000 Euro pro Ausbildungsplatz nicht nur für wirtschaftlich vernünftig, sondern auch für fachlich notwendig, weil ein Viertel ihrer rund 4000 Verwaltungsmitarbeiter bis 2006 in den Ruhestand gehen könnte. Und das Geld für die neuen Beamten sei im Budget eingeplant gewesen, so dass die angekündigte Kürzung kein Ausgleich, sondern eine Bestrafung sei.

„Die ganze Rechnung stimmt vorn und hinten nicht“, kommentiert der Tempelhof-Schöneberger Bürgermeister Ekkehard Band (SPD) das Werk seines Parteifreundes Sarrazin. „Ich will ja nicht kleinkariert sein, aber er stellt mir Kosten für elf Beamte in Rechnung, obwohl ich nur zehn übernommen habe.“ 303 000 Euro weniger solle der Bezirk im nächsten Jahr bekommen. „Ich kann aber den angeblichen Schaden nicht erkennen, denn die Beamten arbeiten doch für Berlin.“

Auch der Pankower Bürgermeister Burkhard Kleinert (PDS) sieht sich „völlig im Recht“ mit seiner Entscheidung, sechs Beamte zu übernehmen. Die vom Senat vorgeschlagene Alternative, den Azubis statt einer Verbeamtung die auf ein Jahr befristete Angestelltenverträge anzubieten, „wäre sogar noch teurer geworden“ und sei rechtlich heikel. Klagen Betroffener gegen eine solche „Übernahme light“ wären absehbar.

Wegen der Disziplinarverfahren – denkbar wären Verweise, Geldbußen oder Versetzung – sorgen sich die Bürgermeister kaum. Reinickendorfs Jugendstadtrat und Vize-Bürgermeister Peter Senftleben (SPD) hält die Aufregung des Senates gar für künstlich. „Wir haben ja keine unsinnigen Entscheidungen getroffen. Ohne Neueinstellungen bekommen wir langfristig ein Altersproblem in der Verwaltung.“ Dieses Argument zählt für Sarrazins Sprecher Claus Guggenberger nicht: „Was heißt eigentlich Vergreisung? Herr Sarrazin ist 57 und voll leistungsfähig.“

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