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Yara Jentzsch, Gründerin und Inhaberin des Modelabels XouXou Berlin, das Handyhüllen mit Kordel produziert.

© Anna Rose

Handyketten aus Berlin: Gründerin des Modelabels XouXou knüpft an erste Erfolge an

Die Berlinerin Yara Jentzsch verkauft Handyhüllen mit Kordel über ihr Label XouXou Berlin. Die Produktion in China geriet ins Stocken. Jetzt geht es wieder los

Seit wenigen Jahren legen immer mehr Menschen – in etwa neun von zehn Fällen sind es Frauen – ihr Smartphone „an die Kette“. So haben sie das unentbehrliche Gerät noch etwas schneller griffbereit und müssen im Sommer weder Jacke noch Hose mit eingenähter Tasche tragen. Wer genau diese neuen „Handyketten“ erfunden hat, lässt sich kaum belegen. Gesichert ist aber, dass die Berlinerin Yara Jentzsch einige Designs für dieses beliebte Accessoire entworfen hat, welche sich weltweit unter ihrem Label XouXou sehr erfolgreich verkaufen.

Die Idee für ihre Handyketten sei ihr im Jahr 2016 gekommen, berichtet die gebürtige Brasilianerin Jentzsch am Telefon. Nachdem sie damals zum ersten Mal Mutter wurde, habe sie häufig ihr Handy vergessen. Als sie dann eines Tages mit dem Schlüsselbund um den Hals nach Hause gekommen sei, sei ihr Blick auf ihr Makramee-Material gefallen. Sie habe improvisiert, indem sie mit einer Kerze Löcher in ihre durchsichtige Handyhülle geschmolzen habe, um dann ein selbstgeknüpftes Makramee-Seil durch die Löcher zu führen. Zwei Knoten: Fertig war ihre erste Handykette.

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Dass das ein Geschäft werden könnte, dämmerte Yara Jentzsch erst im Frühsommer 2017. Da sei sie häufig mit ihrem Kind auf den Spielplatz gegangen – jetzt mit Smartphone an der Kette. Andere Mütter hätten das Accessoire bemerkt und sie darauf angesprochen. Sie wurden zu ihren ersten Kunden. So geht der Gründungsmythos von XouXou.

Mit ihrem Bastelhobby, der kunstvollen und traditionellen Knüpftechnik Makramee, hatte Jentzsch während der Schwangerschaft begonnen. Um etwas mit den Händen zu machen, knüpfte sie Wandteppiche, Pflanzenampeln und Schnullerketten. Die fertigen Produkte verkaufte sie in ihrem Onlineshop.

In der Anfangszeit schaffte Yara Jentzsch es noch, die Handyketten abends, wenn das Kind schlief, zusammenzubauen. Bald waren die vielen Anfragen jedoch nicht mehr zu stemmen. Monat für Monat verdoppelten sich die Verkaufszahlen. 2018 holte sie sich Unterstützung von zwei Studentinnen, die in einer Werkstatt in Kreuzberg produzierten. Mittlerweile beschäftigt Jentzsch 18 Personen in Berlin, die unter anderem im Vertrieb tätig sind.

Ausfälle wegen der Corona-Pandemie in China

Die Fertigung erfolgt nun in mehreren Standorten in China. Deshalb kam es auch zu Lieferengpässen, von denen sich die Firma bis heute noch nicht komplett erholt hat. Die Probleme rühren aus den Wochen, als China noch das Zentrum der Pandemie war, erklärt Jentzsch. Dort fährt die Produktion bekanntermaßen aber wieder hoch. Aktuell seien noch alle 18 Mitarbeiter in Kurzarbeit beziehungsweise im Homeoffice. „Zur Mitte des Monats März waren die Sales zurückgegangen, aber wir merken allmählich eine Erholung. Wir bleiben bei unserem Kurs, die Firma zu optimieren, und sind dabei, demnächst neue Farben auf dem Markt zu bringen“, sagt die Unternehmerin.

Smartphonehülle des Berliner Labels XouXou. Die meisten Kundinnen sind jünger als 40. Doch auch Senioren, die das Smartphone gern verlegen, schätzen das Produkt offenbar.

© Micki Rosi Richter

XouXou hat sich mehrere europäische Märkte erschlossen und besitzt seit diesem Jahr auch ein eigenes Vertriebssystem in den USA. Erhältlich sind die Produkte praktisch weltweit. Yara Jentzsch verkaufte im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben rund 400 000 Ketten – als „Basic“-Paket mit einer durchsichtigen Handyschutzhülle samt Kordel für 25 Euro. Besonders modebewusste Kundinnen und Kunden können sogar um die 60 Euro in ein „Modular“-Set des Labels investieren. Hier lassen sich verschiedene Ketten oder Gurte mit farbigen Handyhüllen kombinieren.

Trendforscher: Kette hilft bei Präsentieren des Statussymbols

Der Großteil ihrer Kunden sei zwischen 20 und 38 Jahre alt sei, berichtet Jentzsch. Viele würden gleich mehrere verschiedenfarbige Handyketten bestellen, behauptet sie. Für jedes Kleidungsstück die passende Handykette. Zu den Kunden zählten aber auch offensichtlich ältere Menschen, die ein wenig vergesslich seien und die Handyketten kauften, um ihr Telefon immer bei sich zu haben.

Ulrich Köhler vom Thinktank Trendbüro sieht mehrere Gründe für den Erfolg des noch jungen Produktes Handykette. Es habe einen funktionalen Nutzen, Kunden können Smartphones, die in den vergangenen Jahren stetig größer geworden sind, bequemer transportieren, ohne ihre Hosentaschen auszubeulen. Zudem verpassten Handyketten dem Smartphone „eine persönliche Note“. Im Gegensatz zu vielen anderen Smartphone-Accessoires hätten Handyketten außerdem eine weitere Bedeutung: Sie würden es den Nutzern erlauben, ihr aktuelles und teures Gerät offen zu zeigen – und damit ihren Status dauerhaft nach außen zu tragen.

Maria Hentschel

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