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Berlin: Hausbesuch vom Arbeitsamt

Das Jobcenter Neukölln will künftig schärfer gegen junge Hartz-IV-Empfänger vorgehen

Ayhan ist gestern nur widerwillig ins Jobcenter Neukölln gekommen. Aber weil seine Hartz-IV-Leistungen abgelaufen waren, ließ sich der Weg in die Lahnstraße nicht vermeiden. Der 19-Jährige muss einen neuen Antrag stellen, um weiter Geld zu erhalten. „Das nervt“, sagt er und tippelt nervös auf dem Flur des Neubaus herum. Hier werden junge Menschen unter 25 Jahren betreut. Ayhan, der in einer eigenen Wohnung lebt, ist seit einem Jahr Hartz-IV-Empfänger.

Seitdem hätten die Vermittler ihn zu diversen Ein-Euro-Jobs geschickt, sagt er. Maler- und Gartenarbeiten seien das gewesen. Ayhan war nur einmal dort. „Kein Bock“, sagt er. Zu anstrengend, dann noch das frühe Aufstehen. Und überhaupt, „dafür habe ich nur 200 Euro bekommen – zu wenig.“ Nun hätten die Vermittler ihm kürzlich einen weiteren Ein-Euro-Job angeboten. „Geh’ ich aber nicht hin“, sagt er. Doch wenn Ayhan das tut, muss er nun mit Konsequenzen rechnen – so jedenfalls plant es das Jobcenter Neukölln seit Anfang dieses Monats.

„Wir müssen die Zügel anziehen“, erklärt Geschäftsführer Dietmar Jarkow. Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) hatte es kürzlich schon medienwirksam verkündet: Das bezirkliche Jobcenter solle ab jetzt jedem Antragsteller unter 25 Jahren ein Job- oder Bildungsangebot machen. Jugendlichen, die dies nicht annehmen, werden künftig die Leistungen gekürzt oder gestrichen. Doch im Grunde sollte das, was Buschkowsky als neuen Vorstoß deklarierte, längst der Normalfall sein: So schreibt der Gesetzgeber vor, dass „unverzüglich und jedem“ Jugendlichen ein Angebot gemacht werden muss – und dass die Leistungen durchaus gekürzt werden dürfen.

„Das ist uns in Neukölln in der Vergangenheit nicht immer gelungen“, gibt Geschäftsführer Jarkow zu. Zum einen habe das Personal gefehlt, zum anderen die „zentrale Betreuung“: Das heißt, die Stellen, bei denen die Hartz-IV-Empfänger Geld bekommen und die, bei denen Jobs und Weiterbildungsangebote vermittelt wurden, lagen auch räumlich weit auseinander. „Die Kommunikation lief nicht richtig“, sagt Jarkow. Das habe dazu geführt, dass viele Jugendliche zu „Einladungen“ gar nicht mehr auftauchten, sondern nur noch das Geld kassiert haben.

So sollten beispielsweise 284 Jugendliche an einem berufsqualifizierenden Projekt teilnehmen. 160 davon sind einfach nicht hingegangen. Ihnen wurden die Leistungen gestrichen. Doch erstaunlicherweise hätten sich von diesen 160, die Sanktionen erhielten, 116 gar nicht mehr gemeldet. Dazu Jarkow: „Wir fragten uns auch: Wovon leben die jetzt? Brauchen die das Geld also doch nicht?“

All dies soll nun anders laufen: Jedem werde „ein Angebot gemacht“: Das sei nicht immer ein Job, sondern könne auch, wie oft bei den Neuköllner Jugendlichen notwendig, eine Drogen- oder Schuldnerberatung sein. Wer dort nicht hingehe, bekomme ab sofort kein Geld mehr. Doch neben diesen „Angeboten“ sollen ab Jahresanfang auch mehr Jobs vermittelt werden – mit Hilfe einer Zeitarbeitsfirma. „Die wollte eigentlich schon seit November mit im Boot sein“, sagt Jarkow. „Aber das hat zu diesem Termin noch nicht geklappt.“ Zudem werde es ab Januar „Hausbesuche“ von Außendienstarbeitern geben: Um zu sehen, was die arbeitslosen Jugendlichen „eigentlich so machen“, kündigt Jarkow an.

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