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Berlin: Hinlegen für den Flug zum Mars

Klinik startet Langzeitexperiment

Thorsten Weber wird diesmal länger im Bett bleiben: von heute Abend bis zum 13. April. Freiwillig, für 5000 Euro. Weber ist einer von 20 Auserwählten, die im Universitätsklinikum Benjamin Franklin gewissermaßen einen bemannten Flug zum Mars vorbereiten. In frühestens zwölf Jahren dürfte es soweit sein; die über 56 Millionen Kilometer lange Anreise dauert fast ein Jahr. Hanteln & Co. sind im Weltall nutzlos, aber ohne ausgeklügeltes Training würde sich ein Astronaut nach so langer Zeit in der Schwerelosigkeit gleich beim Aussteigen auf dem Mars die Beine brechen – ein kleiner Fehltritt für ihn, aber ein großer Rückschlag für die raumfahrende Menschheit. Deshalb untersuchen Mediziner aus ganz Europa in Berlin, wie sich Muskeln und Knochen bei Nichtgebrauch zurückbilden und wie man sie erhalten kann.

In endlosen Fragebögen haben die Forscher den Durchhaltewillen der etwa 700 Bewerber ergründet und ihre Fitness untersucht. Zwischen 20 und 45 Jahre mussten sie alt sein, männlich und kerngesund.

Thorsten Weber ist 30 und „persönlich froh, dass ich ins Bett darf und eine Decke bekomme“. Nach zehn Jahren zwischen Thailand und Karibik friert der ausgebildete Tauchlehrer nämlich den ganzen Berliner Winter lang. Außerdem liege er auch gern mal auf dem Sofa – da kam das Angebot der Uni-Klinik gerade recht. Als Unterwasserfreund interessiere ihn die Schwerelosigkeit natürlich besonders, bleibende Schäden sind nach Auskunft der Mediziner unwahrscheinlich, die Aussicht von seinem Bett im siebten Stock sei wunderbar, und ein bisschen Zeit zum Englisch und Arabisch üben habe er zwischen den ganzen Untersuchungen hoffentlich auch. Den Geist darf er ja bewegen.

Mit seiner Freundin sei alles klar; besuchen darf sie ihn nicht. Nur telefonieren und E-Mails schreiben ist erlaubt. Ob und wann man vom Herumliegen verrückt wird, vermag er nicht vorauszusagen, aber er befürchtet einen mentalen Durchhänger in der zweiten oder dritten Woche. Dann kann er Trost bei seinen Leidensgefährten in den Nachbarbetten suchen. Sie absolvieren die Tests jeweils in Vierergruppen: Zwei Kandidaten trainieren nach Anleitung der Wissenschaftler, die anderen beiden liegen – als Kontrollgruppe zum Vergleichen – einfach herum und werden nach den acht Wochen wieder aufgepäppelt. Nur wer durchhält, bekommt die 5000 Euro. Aber auf ein Ticket zum Mars darf niemand hoffen. Stefan Jacobs

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