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Berlin: Hunderte Männer meldeten sich bei Pädophilen-Therapie

Große Resonanz auf Präventionsangebot gegen sexuellen Missbrauch Charité will Freiwilligen helfen, bevor sie sich an Kindern vergehen

Manche haben sich sofort gemeldet, andere konnten sich monatelang nicht überwinden. Über einen schlechten Rücklauf kann sich die Charité trotzdem nicht beklagen: Bis Ende April haben sich bereits 374 Männer beim Präventionsprojekt gegen Kindesmissbrauch gemeldet. Männer, die pädophile Fantasien haben – und Angst davor, dass sie sie in der Realität ausleben. Die Resonanz hat die Wissenschaftler nicht überrascht. „Die Gruppe der Betroffenen ist größer“, sagt Psychologe Christoph Joseph Ahlers, „aber die Angst hemmt sehr viele.“

Rund 20 000 Kinder werden laut Polizeistatistik jährlich Opfer sexueller Übergriffe, doch die Dunkelziffer ist hoch. Schätzungen zufolge ist ein Prozent der männlichen Bevölkerung in Deutschland pädophil. An der Charité haben Experten eine Methode entwickelt, die darauf zielt, Männer mit auf Kinder gerichteten Sexualfantasien zu therapieren, bevor es zu Übergriffen kommt. „Lieben Sie Kinder mehr als Ihnen lieb ist“, hieß es auf Plakaten und in TV-Spots, die die Wissenschaftler vergangenes Jahr geschaltet hatten.

Nicht jeder der 374 Männer kommt den Forschern zufolge für ihre Therapie in Betracht. Mit 206 Kandidaten hat man ein standardisiertes Telefoninterview geführt, danach wurden 171 Männer zu weiteren Gesprächen ins Institut für Sexualwissenschaft eingeladen. Die ersten 70 Hilfesuchenden sind Anfang des Jahres in das Programm aufgenommen worden. Eine Heilung gibt es nicht, aber mit Hilfe der Therapie können die Patienten laut Ahlers lernen, mit ihrer Veranlagung zu leben, ohne andere zu schädigen. Dabei setzt der Psychologe vor allem auf Psychotherapie – Medikamente könnten zusätzlich helfen, sexuelle Impulse zu unterdrücken. 120 Interessenten werden voraussichtlich aufgenommen. Die Wissenschaftler hoffen, dass sie am Ende Auskunft über die wirksamsten Methoden vorbeugender Therapie geben können.

Ende April zogen die Ärzte eine erste Zwischenbilanz: Von den 171 Freiwilligen, die ins Institut geladen wurden, kommen 100 aus Berlin, die Übrigen kommen aus dem Bundesgebiet; drei aus Österreich, einer aus der Schweiz. Alle Gesellschaftsschichten seien vertreten, die Altersspanne reiche von 20 bis 60 Jahre. Nur eine Frau rief an. Ihre ersten Ergebnisse wollen die Charité-Ärzte Ende Mai auf der 30. Jahrestagung für Sexualmedizin in Berlin vorstellen.

Mehr im Internet:

www.kein-taeter-werden.de

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