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Die Lichter vorbeifahrender Pkw und Busse sind am ehemaligen Internationalen Congress Center (ICC) als Leuchtstreifen zu sehen.

© Paul Zinken / dpa

ICC vor Zerstörung gerettet: Endlich wurde die Politik gezwungen

Der Denkmalschutz für das ICC verhindert einen Akt des städtebaulichen Vandalismus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Es ist eine gute Entscheidung, das Internationale Kongresszentrum am Funkturm ICC unter Denkmalschutz zu stellen. Damit wird die Politik endlich gezwungen, sich nach jahrelangen Diskussionen und anhaltender Unentschlossenheit zum Bild dieser Stadt zu bekennen. Manchmal müssen eben Gerichte oder andere unabhängige Institutionen wie der unbequeme Denkmalschutz den nötigen Druck ausüben und den Status der Unentschlossenheit beenden.

Große Worte für ein umstrittenes Bauwerk? Ja, aber angemessen, um die Dimension des Geschehens deutlich zu machen. Das ICC, gebaut nach einem Entwurf des Berliner Architektenpaares Ralf Schlüter und Ursulina Schlüter-Witte, war bei seiner Einweihung 1979 das größte Tagungsgebäude Europas und eines der vielfältigst nutzbaren der Welt.

Es bietet Platz für bis zu 20.000 Tagungsgäste. Der größte Saal hat 5000 Plätze und ist über eine Bühne in der Mitte noch einmal um weitere 3500 Sitze zu erweitern. Die zentrale Lage, die direkte Anbindung an das Messegelände und die Nähe zu den Einkaufsmöglichkeiten und dem Gastronomieangebot der City West machten das ICC auch nach der Wiedervereinigung zu einer Attraktion im globalen Tagungsgeschäft. Niemand hat die Schließung 2014 wohl mehr bedauert als die Berliner Tourismus-Werbung. Jetzt sind wir nicht mehr konkurrenzfähig, hört man immer wieder.

Der Standort war eben genauso unschlagbar wie die herausragende Architektur, die zum Markenzeichen Berlins wurde wie die Oper von Sidney oder das Centre Pompidou in Paris. Dieses ist, wie das ICC, Höhepunkt einer High-Tech-Architektur der ausgehenden Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Nur die geschichtsvergessene Polit-Erben des alten West-Berlins konnten ernsthaft den Abriss des ICC statt seiner jederzeit möglichen Asbestsanierung erwägen.

Denkmäler geschleift

Dieses West-Berlin war es auch, das in einer Phase der Kahlschlagsanierung und der städtebaulichen Anbetung der autogerechten Stadt erhaltenswürdige, aber durch den Krieg in Mitleidenschaft gezogene architektonische Denkmäler schleifen ließ. Erst der Architekt und Stadtplaner Hardt-Waltherr Hämer setzte das Prinzip der behutsamen Stadterneuerung durch. Ohne ihn wären vermutlich auch die heute oft wunderschön restaurierten großen Mietshäuser  der Gründerzeit alle dem Erdboden gleichgemacht worden.

Im Sommer hatte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop acht Nutzungskonzepte für das ICC vorgestellt. Seitdem war eigentlich klar, dass Vorstellungen wie die von Messe-Aufsichtsratschef Wolf-Dieter Wolf, das ICC einfach abzureißen, kaum noch eine Chance hatten. Mehrere der durchaus interessanten Nutzungsvorschläge sehen aber den Abriss des Parkhauses am ICC vor. Dem stünde nichts im Wege. Landeskonservator Christoph Rauhut hat klargestellt, dass dieser Teil nicht unter Denkmalschutz steht, und dass im Übrigen selbstverständlich auch das geschützte Bauwerk selbst im Inneren an moderne Nutzungen angepasst werden könnte.

Das ICC aber mit Hochhäusern zu umgeben, wie es im Sommer auch vorgeschlagen wurde, müsste sich nicht nur nach Rauhuts Vorstellungen verbieten. Wie man dadurch die ästhetische Wirkung eines städtebaulichen Solitärs nachhaltig stören kann, ist seit einigen Jahren an der Tegeler Humboldtbibliothek zu besichtigen. Nach einem Entwurf des Architekten Charles Moore für die Internationale Bauausstellung 1987 gebaut, war sie wie ein Segelschiff konzipiert. Heute wird ihr, von Neubauten geradezu eingekastelt, symbolisch der Wind und die Sicht genommen.

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