
© Jörn Hasselmann
„Ich war schon da, als Kennedy 1963 in Berlin war“: Besuch von US-Präsident Biden lockt zahlreiche Schaulustige an
Seine Amtszeit neigt sich gen Ende, in Berlin ist Joe Biden nun aber zum ersten Mal offiziell zu Gast. Das löst Neugier bei Anwohnern und Touristen aus – und jede Menge Straßensperrungen.
- Franziska Apfel
- Jörn Hasselmann
- Ingo Salmen
- Julia Schymura
- Mia Veigel
Stand:
Diese Gelegenheit wollten sich die Berliner nicht entgehen lassen: Wann ist der US-Präsident schon einmal der Hauptstadt? Einige Menschen warteten am Donnerstagabend und Freitagmorgen am und um den Potsdamer Platz, wo Joe Biden im Hotel Ritz-Carlton übernachtete, um einen Blick auf den scheidenden Präsidenten zu erhaschen.
An der abgesperrten Ebertstraße standen am Morgen ein paar Dutzend Neugierige und warteten auf die Abfahrt von Bidens Fahrzeugkolonne.

© dpa/Michael Kappeler
Und auch am abgesperrten Schloss Bellevue, wo Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem US-Präsidenten am Freitag die „Sonderstufe des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik“ verlieh, tummelten sich einzelne Schaulustige. Die Polizeipräsenz war hoch, etwa 20 Mannschaftswagen der Polizei standen allein am Großen Stern unweit des Schlosses.
„Ich bin extra aus New York angereist – nein, nur aus Wilmersdorf“, scherzte Horst von Ahn, der mit seinem Fahrrad gekommen war, um den 81-Jährigen zu sehen. „Ich wollte Biden ,Goodbye’ sagen. Er hat sich sehr für Deutschland eingesetzt, dem sollte man Respekt zollen. Es wird ja auch ein trauriger Moment, wenn als nächstes Trump Präsident wird, denn das wird passieren, die USA sind nicht bereit für eine Präsidentin.“

© Julia Schymura
Ein Paar aus Marburg ist zu Besuch in der Hauptstadt und hat sich spontan entscheiden, sich das „Spektakel“ um Joe Biden anzuschauen. Verkehrseinschränkungen haben sie nicht groß erlebt, sagen sie. Sie seien aber auch mit einem Mietfahrzeug gefahren.
Drei Frauen aus den Niederlanden sind für eine Dienstreise in Deutschland und auf ihrem Weg zum nächsten Termin am Schloss Bellevue vorbeigefahren. „Ich wollte Biden unbedingt sehen, ich meine, er ist ein ‚world leader‘“, sagt eine der dreien. Sie hat ihn sogar gesehen und ein Beweisvideo gemacht.
Mette Pultz aus Dänemark ist mit ihren beiden Kindern und ihrem Mann in Berlin. Sie sind in einem Hotel in der Nähe von Bellevue untergekommen. „Wir wollten uns das einfach mal anschauen und Biden sehen, aber die Kinder haben keine Geduld mehr, zu warten“, sagt sie. „Mal schauen, ob wir ihn noch sehen.“

© Mia Veigel
„Ich wohn’ hier in der Nähe und wollte mal schauen, wie weit es abgesperrt ist, wie nah man rankommt“, sagt Monika Siebert. „Man hat ja vorher mitbekommen, dass es weit abgesperrt ist. Aber ich würde ihn gern sehen, weil ich ihn gut finde.“

© Julia Schymura
Joachim Grimm ist am Freitagmorgen extra losgefahren. „Ich war schon da, als Kennedy 1963 in Berlin war. Da waren so viele Menschen, da passte kein Blatt zwischen“, sagt der 78-Jährige, während er an der Siegessäule wartet. „Aber die Begeisterung, die es damals gab, ist heute nicht mehr zu spüren. Das war der ganz junge Präsident, jetzt kommt der ganz alte Präsident. Ich habe Hochachtung vor diesem Mann, dass er das in seinem Alter noch macht. Wir sind in einem ähnlichen Alter. Wobei das nun eher ein Akt der Symbolpolitik ist, der Besuch.“

© Mia Veigel
Biden besuchte Berlin kurz vor der anstehenden US-Wahl und rund drei Monate vor dem Ende seiner Amtszeit. Es war der erste offizielle Hauptstadtbesuch des 81-Jährigen als Präsident. Neben der Ordensverleihung beim Bundespräsidenten stand für ihn auch ein Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an.
Besuch des US-Präsidenten führt zu Sperrungen
Wegen der hohen Sicherheitsvorkehrungen kam es teils zu kurzfristigen Sperrungen. So wurden die S- und U-Bahn-Zugänge am Potsdamer Platz geschlossen. Im Untergeschoss des Bahnhofs Potsdamer Platz standen sich zwei Mitarbeiter der Bahn-Sicherheit die Beine in den Bauch. Auf die Frage, ob sie den ganzen Tag dort stehen müssen, antworteten sie: „Nee, nur ’nen halben.“
Wer den Bahnhof verlassen wollte, den schickten sie durch das futuristische und praktisch leere Fahrradparkhaus, das man ohne Joe Biden vermutlich nie entdeckt hätte. Flatterband und ein paar Polizisten auf den Gleisen waren auch tief unten im S-Bahn-Tunnel die einzigen Spuren des Staatsbesuchs. Sie riegelten die kleinen Ausgänge zur Ebert- und Voßstraße ab. Sonst schien hier alles normal zu laufen.

© Ingo Salmen

© Ingo Salmen
Oben auf der Kreuzung war lediglich der Weg Richtung Brandenburger Tor versperrt. Zahlreiche Polizisten standen an den Gittern. Ein Radpanzer stand an der Straße, während zwei Doppeldeckerbusse mit Touristen vorbeifuhren.

© Ingo Salmen
Hubschrauber flogen über die Innenstadt und beobachteten das Geschehen von oben. „Das Leben geht seinen normalen Lauf“, sagte ein Anwohner in Kreuzberg. „Was anders ist: Ständig hört man Hubschrauber kreisen, manchmal sieht man sie auch am blauen Herbsthimmel – ganz grob in Blickrichtung Potsdamer Platz.“

© Julia Schymura
So herrlich wie das Wetter: Für die Polizei war der Biden-Einsatz unproblematisch
Für Bidens Weg zum Schloss Bellevue wurde auch die Straße des 17. Juni vollständig gesperrt, einzig die Autokolonnen des Präsidenten und seines Apparats durften die Straße befahren. Laut Polizeikreisen habe es aber keine größeren Zwischenfälle gegeben. Der Einsatz sei unproblematisch und so herrlich wie das Wetter, sagte ein Beamter dem Tagesspiegel.
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Vom Schloss Bellevue direkt ins Kanzleramt
Gegen 10.30 Uhr traf der Präsident im Schloss Bellevue ein. Dort wurde er zunächst vom Musikkorps der Bundeswehr in Empfang genommen, das die US- und die deutsche Nationalhymne spielte. Steinmeier begrüßte den Präsidenten vor seinem Amtssitz, anschließend trug sich Biden in das offizielle Gästebuch ein.

© REUTERS/Fabrizio Bensch
Im Schloss Bellevue warteten zahlreiche Politikerinnen und Politiker des Landes auf den US-Präsidenten. So waren Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sowie Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zugegen. Auch US-Außenminister Antony Blinken war im Schloss Bellevue.
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Gegen 12.20 Uhr bewegte sich der Konvoi des Präsidenten in Richtung Kanzleramt. Hier stand ein Treffen mit Bundeskanzler Scholz an, bei dem es vor allem um den Krieg in der Ukraine gehen sollte. Auch das Kanzleramt war weiträumig gesperrt. An der Ecke Scheidemannstrasse/Heinrich-von-Gagern-Straße sah man vor allem Polizisten und Presse, interessierte Passanten musste man mittlerweile suchen.

© REUTERS/LISI NIESNER
Für den Nachmittag war ein weiteres Treffen mit Scholz, Biden, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sowie dem britischen Premierminister Keir Starmer anberaumt.
Kurz nach 16.30 Uhr teilte die Polizei auf der Plattform X mit, der US-Präsident sei nun auf dem Weg zum Flughafen. „Bitte beachten Sie, dass es im Stadtgebiet zu Verkehrsbeeinträchtigungen kommt.“
Weniger Einschränkungen als erwartet
Auffällig war, dass die Sperrungen deutlich geringer ausfielen, als am Mittwoch von der Polizei angekündigt. So war der wichtige Straßenzug Leipziger/ Potsdamer Straße frei befahrbar, ebenso der Große Stern. Wie eine Polizeisprecherin am Freitagmittag sagte, seien die in den „Allgemeinverfügungen“ genannten Sperrgebiete nur ein „mögliches Maximum“. Diese rot markierten Flächen hatte die Polizei über die Plattform X öffentlich gemacht.
Auch bei Bahn und S-Bahn lief der Verkehr überraschend normal. Die Linien auf der Stadtbahn fuhren, anders als von der Bahn am Donnerstag angekündigt, weitgehend normal. Tatsächlich fielen am Freitag nur die S45 und die S26 aus, die mit der Sicherheit des Staatsgastes aber nichts zu tun hatten. Wieso die Stadtbahn während des Biden-Besuches fahren durfte, blieb unklar. Ein Bahnsprecher äußerte sich dazu nicht.
Beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor einer Woche und auch im Juli hatte die Bahn den Regionalverkehr auf der Stadtbahn für sechs Stunden komplett eingestellt. Der Stadtbahnviadukt liegt nahe dem Schloss Bellevue und dem Kanzleramt, hieß damals die Begründung.
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