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Ideen für Berlin: Star-Architekten planen Zukunft des Flughafen Tegel

Sie sind bekannt für ihre Ideen: die Architekten des Büros Graft. Nun widmen sie sich der Zukunft des Flughafens in Berlin-Tegel. Wie der TXL-Chef die Entwürfe findet? Das verrät er hier.

Vier Millionen Euro pro Jahr haben sie nun extra bekommen, fast 15 Millionen Euro dürfen sie jetzt ausgeben in den kommenden zwei Jahren. In Tegel starten sie jetzt durch: Philipp Bouteiller und sein 11-köpfiges Team. Dass sich an den Gates des Bauwerks aus den 1970er Jahren heute noch Passagiere von Chartermaschinen mit Zielort Mallorca drängen, bremst sie nicht aus. Denn wenige Tage nachdem der Flugbetrieb eingestellt und der Schlüssel übergeben sein wird - das genaue Datum kennt ja keiner, weil am BER noch gebaut wird - , sollen die Bagger anrollen. Was sie abreißen, aufstemmen und erweitern, wird dann schon bis in viele Details der einzelnen Abläufe feststehen. Deshalb sind für das Terminal D, das zum ersten der vier Bauabschnitten gehört, schon heute die Pläne weit gediehen.

Von den Graft-Architekten stammen die Entwürfe für die Umwandlung des am Ostrand des Airports gelegenen Terminals in eine Produktionsstätte für Industriefirmen. Etwas von dem kalifornischen Zauber, dessen gleißendem Licht, das die Farben hell aufleuchten lässt, blitzt auch in den Entwürfen der Baumeister auf, die von den USA nach Berlin gewechselt sind. „Ein bisschen zu hell, ein bisschen zu schön“, sagt TXL-Chef Bouteiller. Aber trotzdem sind es eher kleine Eingriffe, wie sie dem Chefplaner des gewaltigsten Berliner Umwandlungsprojektes nach Adlershof gefallen. Er will möglichst viel Vorhandenes erhalten in dem Gebäude von Architekt Meinhard von Gerkan.

Aber natürlich soll es künftig weniger Energie verbrauchen, es muss den Datenhunger von Industriefirmen stillen können, deren Bedarf an Strom, Licht und Klimatisation decken, die Räume müssen leicht aufzuteilen und umzunutzen sein und kurze Wege muss es geben zu den Nachbarn, zur Beuth-Hochschule mit ihren jungen Nachwuchskräften und zu den Wettbewerbern, die für ein Projekt oder Produkt auch mal zu Partnern werden können.

Aus dem Parkplatz soll ein Park werden in Tegel

Ein Park anlegen, wo ein Parkplatz ist – das zählt zu den schönsten Ideen für die Umgestaltung des Terminals D. Und trotzdem geht man auch bei diesem Eingriff einfallsreich an die Sache ran, denn die Mittel sind knapp: „Wir kaufen 1000 Setzlinge à ein Euro und gewinnen die Nutzer für deren Pflege“, sagt Bouteiller. Das ist dann fast schon von symbolischer Tragweite: So wie der Airport zum Standort von jungen Industriefirmen wird, die am Markt erst noch wachsen müssen, so müssen auch die Setzlinge in dem Park erst an Format und Größe gewinnen.

Für diese Produktionsunternehmen der neuen Generation will TXL eineinhalb Jahre nach dem Abflug der letzten Maschine vom Rollfeld die ersten rund 6500 Quadratmetern Mietfläche zur Verfügung stellen – die Gesamtfläche der Gebäude beträgt 150.000 Quadratmeter. Im Terminal D wird es dann unten Werkstätten mit gemeinschaftlich genutzten 3D-Druckern sowie Besprechungsräumen geben und oben Büros. Und weil es „in fünf Jahren vielleicht ganz neue Formen von Produktionsabläufen gibt“, entwickelt die Gesellschaft das Areal in vier Etappen.

Und wie es in der Generation üblich ist, die von der „new economy“ gestreift wurde, werden auch Bolzplätze, Tischtennisplatten, Beach-Volleyball-Felder und Grillplätze nicht fehlen – um die Kreativ-Blockaden zu lösen. Und dann ist da auch noch ein „Stilwerk“ für Hightech-Produkte geplant. Im Hauptgebäude, wo heute Parfumerie, Modeboutiquen und Zeitungskioske in gläsernen Ladengeschäften ihre Waren anbieten, sollen einmal Siemens, Bosch, die Beuth-Hochschule und Start-ups ihre Maschinen, Turbinen, Roboter und Elektromobile ausstellen. „Da werden kolonnenweise Delegationen durchgeschleust“, sagt Bouteiller voraus. Für die Unternehmen sei das eine einmalige Chance, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – und für Politiker sich im Glanz des neuen Industriestandorts zu sonnen.

Allein schon diese Vision des High-Tech-Standorts TXL war der Jury eines weltweit ausgelobten Wettbewerbs beim „smart city world congress“ in Barcelona eine Platzierung unter den fünf Finalisten wert – unter 217 Wettbewerbern. Nur wohnen werden die Gründer und Technologie-Unternehmer nicht auf dem Flugfeld. Bei fünf Quadratkilometern – was einer Größe von fünf Prozent der Fläche der Stadt Paris entspricht – ist dafür eigentlich Platz genug. „Aber wenn Unternehmen und Mieter vor Gericht streiten, geht es immer zugunsten der Bewohner aus“, sagt Bouteiller. Dieses Risiko will er erst gar nicht eingehen. Zwar ist die Produktion im „Industrie 4.0“-Zeitalter lautlos und die wenigen Emissionen sind fast schon unbedenklich. Der Lieferverkehr aber wird Tag und Nacht rollen – und die Dieselmaschinen von Zwölftonnern werden wohl auch bis weit ins nächste Jahrzehnt hinein weder lautlos sein noch zu ersetzen.

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