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Beim bundesweiten Protesttag gegen steigende Mieten vom Bündnis gegen Verdrängung und #Mietenwahnsinn auf dem Alexanderplatz unterschreibt eine Frau eine Liste für die Enteignungsinitiative.

© Paul Zinkern/picture alliance/dpa

Immobilienkonzerne enteignen?: Initiative will weiter mit Koalition in Berlin verhandeln

Die SPD lehnt sie ab, Grüne können sie sich vorstellen, die Linke ist dafür: Berlin debattiert über die Enteignung von Immobilienkonzernen. Eine Initiative macht Druck.

Eine Woche nach einem ersten Treffen zwischen Vertretern der Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" und den Fraktionsspitzen der Berliner Koalition deutet sich eine Fortsetzung der Gespräche an. Das bestätigte Rouzbeh Taheri, Sprecher der Initiative, dem Tagesspiegel am Mittwoch.

Taheri zufolge hatten sich die Mitglieder der Gruppe am Tag zuvor in einem Plenum über das weitere Vorgehen verständigt. Zwar hätten sich auch Teilnehmer gegen weitere Gespräche ausgesprochen, am Ende stellten diese aber eine Minderheit. Die Mehrheit wolle weiter mit SPD, Linken und Grünen verhandeln. Ein nächstes Treffen könnte schon im Laufe der kommenden Woche stattfinden.

Taheri machte aber deutlich, wo aus Sicht der Initiative die rote Linie bei möglichen Verhandlungen verlaufen. "Wir wollen ein Gesetz zur Vergesellschaftung. Ankäufe, wie sie die SPD zuletzt als Alternative ins Gespräch gebracht hat, sind für uns überhaupt kein Thema", erklärte Taheri und forderte die Sozialdemokraten dazu auf, sich ihres eigenen Kurses bewusst zu werden. "Die SPD muss klären, wie sie mit ihrem Parteitagsbeschluss umgehen will", sagte Taheri weiter.

Tatsächlich hatten die Sozialdemokraten im Oktober des vergangenen Jahres beschlossen, im Gegensatz zu den Koalitionspartnern die Initiative "DWEnteignen" nicht zu unterstützen.

Der damalige Landeschef Michael Müller sprach sich für eine „verantwortungsvolle Position“ gegen Wohnungsmangel und steigende Mieten sowie den Dreiklang aus „Bauen, Kaufen, Deckeln“ aus. Am Ende einer ausgiebigen Debatte fiel die Entscheidung mit einer Mehrheit von rund 58 Prozent der Stimmen.

Linke und Grüne unterstützen das Ziel der Initiative, wenn auch mit Abstrichen

Grüne und Linke wiederum hatten in der Vorwoche deutlich gemacht, das Ziel der Initiative durchaus zu unterstützen, wenn auch mit Abstrichen. Während sich Linksfraktion-Chefin Anne Helm klar hinter die Forderung nach einem Gesetz zur "Vergesellschaftung" stellte, sah Amtskollegin Antje Kapek (Grüne) Verhandlungsbedarf.

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Denkbar sei, die Eingriffsschwelle des Gesetzes an qualitative Kriterien wie den Umgang mit dem Mietern seitens der Vermieter zu knüpfen. Eine quantitative Grenze, wie es der Initiative vorschwebt, lehnen die Grünen eher ab. Taheri wiederum erklärte dazu, die Vorschläge der Grünen müssten juristisch geprüft werden. Er habe "große Zweifel" daran, dass qualitative Kriterien juristisch haltbar seien.

Bei der Opposition war die in der Vorwoche nach einem ersten Kennenlernen der Beteiligten geäußerte Verhandlungsbereitschaft aller Seiten auf heftige Kritik gestoßen.

Christian Gräff, baupolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, bezeichnete den "Kuschelkurs von Senat und Koalition mit Enteignungsaktivisten" als "unerträglich". FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja warnte vor einem "staatlichen Raubzug", der den Landeshaushalt "zum Kollabieren bringen und unsere Rechtsordnung erschüttern" würde.

FDP-Fraktionschef warnt vor "staatlichem Raubzug", der den Haushalt zum Kollabieren bringe

Tatsächlich ist die Kostenfrage der nach dem Grundgesetz per se möglichen Enteignungen offen. Taheri und Mitstreiter veröffentlichten in der Vorwoche Modelle, denen zufolge Enteignungen "zum Nulltarif" möglich seien. Der Senat wiederum rechnet laut einer Kostenschätzung vom September mit Ausgaben in Höhe von 28 Milliarden Euro, sollten die Aktivisten ihre Forderung tatsächlich durchsetzen.

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Klar ist: Führen die Verhandlungen nicht zu einem Ergebnis, startet die zweite Stufe des Volksbegehrens und im Erfolgsfall kommt es zum Volksentscheid. Taheri hatte bereits vor der ersten Gesprächsrunde angekündigt, Ende Februar mit der Unterschriftensammlung starten zu wollen.

Die Vorbereitungen liefen weiter, erklärte er am Mittwoch und zeigte sich optimistisch, was die Sammlung der rund 170.000 nötigen Unterschriften angeht.

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