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Berlin: In Draculas Reich

Schloss Schenkendorf – eine ganz eigene Marke

Der Besucher von Schloss Schenkendorf passiert auf dem Weg durch den Park eine unmerkliche Grenze. Nur ein Schild weist darauf hin: „Fürstentum Dracula“. Kein Grund zur Aufregung, niemand muss sich ängstigen. Hier ist nicht der Beginn der blutrünstigen Zone. Die Ausrufung des Fürstentums war vor einigen Jahren lediglich der gescheiterte Versuch des Ortes, der Zwangseingemeindung ins größere und ungeliebte Mittenwalde zu entgehen. Doch außer großem Medienrummel, der sogar bis nach Übersee reichte, passierte nichts. Schenkendorf verlor trotz der furiosen Idee seines bekanntesten und umstrittensten Bewohners seine Eigenständigkeit. Nur das Schild hängt noch an Ort und Stelle, und der Schlossherr denkt gar nicht daran, es zu entfernen.

Denn schließlich handelt es sich um den letzten Nachfahren Graf Draculas. Das behauptet jedenfalls der Hausherr, der 65-jährige Ottomar Berbig, Antiquitätenhändler aus Berlin. Er nennt sich seit Mitte der Neunzigerjahre nur Ottomar Rodolphe Vlad Dracula Prinz Kretzulesco. Eine inzwischen verstorbene Prinzessin aus dem Adelsgeschlecht Kretzulesco hatte ihn adoptiert, damit der Name nicht ausstirbt. Aus dieser Linie stammt der transsilvanische Fürst, der Schriftsteller Bram Stoker einst zu seinem Vampir-Roman inspiriert hatte.

Der Schenkendorfer Graf Dracula arbeitet eifrig an seinem Image. Regelrechten Kultstatus erlangten die Blutspendepartys des Deutschen Roten Kreuzes auf seinem Anwesen. Zum Veranstaltungsprogramm gehören immer auch Mittelalterspektakel und Gruselabende. Nur mit den Rechten am Namen „Dracula“ läuft es nicht so gut. Mehrfach beschäftigte der Titelschutz die Gerichte. Denn stets fühlen sich alteingesessene Hersteller von Likören und anderen Getränken von dem Schenkendorfer bedrängt. „Dracula“ eignet sich eben vortrefflich als Zugnummer, sowohl im Handel als auch im Restaurant des Schlosses.

Die Meinungen der Ortsbewohner zu den Ansprüchen auf ein eigenes Fürstentum sind geteilt. Während sich die eine Hälfte über die vielen neugierigen Touristen freut, verhält sich die andere abwartend und eher skeptisch. Niemand will sich schließlich unter rumänische Hoheit stellen lassen. Doch das hat Graf Dracula gar nicht vor. Er baut sich seine eigene Welt.

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