zum Hauptinhalt

Berlin: In Himmelpfort ist die Hölle los

300 000 Wunschzettel bearbeitet des Weihnachtspostamt jedes Jahr. Die Antworten gibt es in 16 Sprachen.

Himmelpfort - Das Bett des Weihnachtsmannes ist leer. Die Kinder der 1. Klasse stehen vor der zurückgeschlagenen Decke und dem etwas eingedrückten Kopfkissen. Daneben steht der geschmückte Tannenbaum, hinter dem sich Geschenkpakete stapeln. Auf dem Schreibtisch liegen Kinderzeichnungen und ein Briefbogen mit einer angefangenen Antwort auf einen Wunschzettel. Es wird eben auf Details geachtet im Weihnachtshaus von Himmelpfort im Norden Brandenburgs. Der Mann mit dem Rauschebart hat offenbar seine Stube am Morgen verlassen, um im benachbarten Haus auf die Kinder zu warten. Gemeinsam mit dem Weihnachtsmann werden sie kurze Zeit später singen, Geschichten erzählen, Plätzchen naschen und singen. Nach dem Fest verschwindet der Weihnachtsmann in der nächsten Woche wieder. Nur manchmal dringt dann ein Schnarchen aus dem Weihnachtshaus nach draußen. Die Technik macht’s möglich.

Doch dieser Auftritt vor angemeldeten Kindergruppen ist an Wochentagen fast die einzige vorweihnachtliche Aktion im Dorf mit dem fantasievollen Namen. Natürlich gibt es da noch das berühmte Weihnachtspostamt, in dem bis zu Heiligabend rund 300 000 Wunschzettel von Kindern aus aller Welt beantwortet werden. Durch das Fenster kann jeder Besucher den Frauen und Männern über die Schulter schauen. Alle Kinder erhalten einen standardisierten Antwortbrief. 16 Sprachen stehen zur Auswahl. „Manchmal fügen wir aber auch noch einen persönlichen Satz vom Weihnachtsmann hinzu, wenn Kinder etwa von großen Sorgen oder Ängsten berichten“, sagt eine als Engel verkleidete Helferin.

Wer will, kann seinen Wunschzettel bis zum 24. Dezember (9 bis 11 Uhr) auch persönlich in dem nur in der Vorweihnachtszeit geöffneten Postamt abgeben und vielleicht gleich eine Antwort mit nach Hause nehmen. Zum ersten Mal hatte 1984 die damalige Postangestellte Cornelia Matzke zwei an den Weihnachtsmann adressierte Briefe in den Händen. „Kinder aus Sachsen hatten darauf vertraut, dass der Weihnachtsmann nur in Himmelpfort wohnen könne. Also schickten wir die Briefe nicht als ‚unzustellbar’ zurück, sondern dachten uns eine Antwort aus.“ Das sprach sich herum, und aus einer spontanen Idee wurde eine Tradition. Allerdings lief damals alles ziemlich beschaulich ab, in den ersten Jahren waren es rund 100 Wunschzettel.

Nach der Wende wuchs die Zahl mit jedem Beitrag in den Zeitungen, im Radio und Fernsehen, so dass sich die Deutsche Post allmählich um die Kosten Sorgen machte. 1999 kam sie auf die Idee, die Wunschzettel im Hennigsdorfer Briefverteilzentrum beantworten zu lassen und nur noch mit dem Stempel aus Himmelpfort zu versehen – was einen Sturm der Entrüstung auslöste. Seither hat Brandenburg neben Himmelpforten, Himmelsthür, Himmelstadt, Engelskirchen, St. Nikolaus und Nikolausdorf zwar seine offizielle Weihnachtspostfiliale, aber außerhalb der Saison geht es sehr ruhig zu.

„Es könnte schon etwas mehr los sein“, sagt Matthias Paul, der vor einigen Jahren das Haus des Gastes neben der Postfiliale und das Weihnachtshaus gekauft hat. „An den Wochenenden bieten wir den Besuchern zwar einen Markt auf der Klosterwiese, aber gerade in der Woche müsste man den Gästen im 500-Seelen-Dorf mehr bieten.“ Doch vor vier Jahren hatten sich die Anwohner gegen einen großen Weihnachtsrummel und die Vermarktung des Dorfnamens ausgesprochen. So bleibt der Berliner Paul mit seiner Firma „Nordlicht Tour & Kanu“ zwar fast ein Alleinkämpfer, bereut den Umzug aber nicht. „Eine schönere Marke als ‚Weihnachtshaus’ gibt es nicht, vor allem mitten im Hochsommer.“

An diesem Sonnabend (10 bis 18 Uhr) und Sonntag (10 bis 16 Uhr) findet in Himmelpfort ein Wichtel-Weihnachtsmarkt mit vielen Angeboten für Familien statt. Weitere Informationen Tel. 033089 /41 888, www.weihnachtshaus-himmelpfort.de, www.nordlicht-kanu.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false