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Berlin: In Jack Reynolds Reich der Magie kann man ungewöhnlich shoppen und das ABC der schwarzen Künste lernen

Manchmal ist Jack Reynolds äußerst zugeknöpft. Kein Wort lässt er sich entlocken, keine Cola-Flasche gibt er aus der Hand, keinen Waschpulver-Karton darf man bei ihm studieren, und selbst ein simples Kartenspiel oder eine Zündholzschachtel bewahrt er vor neugierigen Fingern wie die Berliner Museumswächter antike Skulpturen oder Gemälde von Picasso.

Manchmal ist Jack Reynolds äußerst zugeknöpft. Kein Wort lässt er sich entlocken, keine Cola-Flasche gibt er aus der Hand, keinen Waschpulver-Karton darf man bei ihm studieren, und selbst ein simples Kartenspiel oder eine Zündholzschachtel bewahrt er vor neugierigen Fingern wie die Berliner Museumswächter antike Skulpturen oder Gemälde von Picasso. Nun hat seine Cola-Flasche zwar keinen Millionenwert, aber besondere Eigenschaften. Er steckt sie in einen Papperöhre, drückt ein wenig auf den Kronenkorken und lässt sie verschwinden. Einfach weg. Es darf jeder durch die Röhre blicken. So gesehen, hat Jack Reynolds in seinem "Zauberkeller" am Brauerplatz 1 in Lichterfelde doch gute Gründe, ein wenig Geheimniskrämerei zu betreiben.

Schwarze Wände, dunkle Regale, gefüllt mit allerlei, was der Illusionist für sein Handwerk braucht. In der Mitte ein langer Tisch. Rote Decke, Kandelaber, ringsherum Stühle, am Ende ein hagerer Mann im Ledersessel. Krauser Bart, Zigarillo und ein Lächeln, als würde er nun gleich die Hand-Guillotine aus dem Fach hinter der Kasse nehmen. Ja, Jack Reynolds hat sich in diesem Kellerraum unter einem Häuschen ein Reich der Magie wie im Bilderbuch geschaffen.

Er zaubert seit Jugendjahren und verdient sein Geld mit Gaukelwerk. Er tritt in Sälen und bei Geburtstagsfeiern auf, berät Fernsehteams, falls das Drehbuch Tricks vorsieht, und betreibt im Keller seinen Laden. Ein Vollzeit-Zauberer also, dem es Spaß macht, die Leute "auf gefällige Art" hereinzulegen.

Wer fünfzehn Treppenstufen zu ihm hinuntersteigt, ist Kunde, Zauberlehrling oder gehört zum Publikum. Seinen Nachwuchs schult er in Kursen und Workshops. Er bringt Anfängern das ABC der schwarzen Künste bei rund um Tauben, Tücher, Karten, Münzen oder Knoten und zeigt Fortgeschrittenen kompliziertere Tricks, bis so gut wie alles unter ihren Händen verschwindet und wieder erscheint, sich verwandelt, wandert oder auf andere Weise verblüfft.

Reynolds greift zum Kartenstoß, wirft Fächer aus wie die Damen beim Stierkampf, lässt die Blätter wirbeln im Fingerspiel. Jeder Trick muss eine Freude für die Augen sein. Das gehört zu seinen Lehrsätzen und wird geprobt wie Psychologie und Schauspielerei.

Da gibt es zum Beispiel den Hokuspokus mit Münze und Trinkglas. Ein Geldstück auf den Tisch. Glas überstülpen, Zeitung darüber. Und jetzt ein Hieb mit der Faust auf die Konstruktion, damit die Münze durch die Platte fällt. Doch nichts passiert. Reynolds ist die Pleite sichtlich peinlich. Also ein zweiter Versuch mit noch mehr Kraft und vor allem: mit Hilfe des Publikums. Wer berührt das Tuch und sagt den Zauberspruch? Nun sammelt sich der Mann wie ein Fakir auf dem Nagelbrett, schließt die Augen, schnipst die Fingern und unternimmt noch manches andere, was wichtig erscheint, aber gar nicht ist. Selbst der ärgste Zweifler soll an seine Schlappe glauben. Das ist die hohe Kunst der Ablenkung. Ein Schlag - die Münze bleibt auf der Platte, das Glas durchdringt den Tisch und fällt zu Boden.

Wer solchen Wundern auf die Spur kommen will, kann als Zauberlehrling das "Handbuch der Magie" studieren und natürlich Jack Reynolds Versandkatalog - von A wie Armguillotine bis Z wie Zylinderhut. Das magische Feld ist riesengroß: Salonmagie und Tischzauberei, Mentalmagie, Manipulationen, stumme Zauberei mit Ketten und Knoten oder die Tricks auf der großen Bühne. Selbst dafür hat Reynolds das Notwendige im Keller. Zum Beispiel die "Stuhlschwebe de luxe" oder den Messerkasten, dessen 15 Klingen sich scheinbar kreuz und quer in den Kopf der Assistentin bohren.

Es gibt auch Streichhölzer, die sich auf der Hand in Nichts auflösen, ein Kuvert in dem man Geldscheine zerschnippelt, die danach wieder vollständig erscheinen oder den Persilkarton mit Schonwaschgang. Gebrauchsanweisung: Bunte Tücher hinein, die Packung drehen, makellos weiß kommen sie heraus. Reynolds kramt noch ein wenig in seiner Haushaltsabteilung, holt den "Wasser aus Indien"-Krug hervor, dessen Füllung niemals leer wird und einen Messingkochtopf. Darin zerschlägt er ein Ei, gibt Mehl und Zucker hinein und setzt sorgsam den Deckel auf. Nach drei Sekunden sind bunte Bonbons darin. Auch ein brennendes Buch oder eine Brieftasche, die Flammen fängt, führt er vor und natürlich sein Sortiment an künstlichen Daumen und Zeigefingern.

Bei so viel Hokuspukus, bleibt der Alltag vor der Kellertür. Jack Reynolds zaubert ihn fort wie die Colaflasche und nimmt sich Zeit, bis er Merlin, den berühmten Kollegen vom Hofe König Artus, mit leisem Klirren auf die Vitrine stellt. Schlussvorstellung. Reynolds sieht Merlin an, als erwarte er ein wenig Unterstützung von der Porzellanfigur. Dann zieht er ein Malbuch mit schwarz-weiß gezeichneten Zirkustieren hervor. Er blättert, streicht sanft darüber - alle Bilder sind plötzlich ausgemalt. Jetzt schüttelt er das Heft, die Farbe soll wieder raus - und gibt es herum mit nichts als weißen Seiten.Der Zauberkeller ist freitags von 12.30 bis 18.30 Uhr und sonnabends von 10 bis 15 Uhr geöffnet. Telefon: 773 71 52.

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