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Integration: Herzlich – aber auch hart

Die CDU präsentiert ihr Integrationskonzept und ist gegen Betreuungsgeld und Kopftuchverbot.

Neun Abende lang hat die Berliner CDU Mitglieder ihrer Kreisverbände und andere Bürger zu den Problemen der Einwanderungsstadt befragt. Immer war der Saal brechend voll, immer ging es heiß her bei den Debatten. „Integration ist ein emotionales Thema, bei dem die Verunsicherung der Einheimischen nicht unterschätzt werden darf“, lautet eine der Erkenntnisse, die die Autoren Monika Grütters und Burkard Dregger in das „umfassende integrationspolitische Leitkonzept“ einfließen ließen. Am Donnerstag wurde das Papier vorgestellt. „Wir stehen an einem Scheideweg“, sagte Parteichef Frank Henkel, „entweder wir schaffen ein friedliches Zusammenleben oder harte Fronten zwischen Einheimischen und Migranten.“

Die Zeit zu handeln sei gekommen und die CDU werde Integration zur Chefsache machen, sagte Henkel, „zu einem Schwerpunkt in der künftigen Politik des Landes“. Das klingt bekannt: Ende vergangenen Jahres kündigte auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) an, dass die Integration von Einwanderern 2010 zum politischen Schwerpunkt der Senatspolitik werde. Mitte April will die CDU auf einem eigens dafür einberufenen Parteitag über ihr Papier debattieren. Doch schon jetzt präsentiert sie mit ihrem 44-seitigen Papier konkrete Ideen für die Einwanderungsstadt.

Das Konzept bilanziert sechs „Integrationshemmnisse“: Mangelnde Deutschkenntnisse, Bildungsdefizite, Arbeitslosigkeit, Segregation, eine fehlende Identifikation mit Deutschland und die gegenseitige Abschottung von Deutschen und Einwanderern. Die Antworten reichen von besserer frühkindlicher Bildung und Stadtteilpolitik, über „Dialog mit dem Islam“ bis hin zu Zuständigkeiten des Bundes wie „Zuwanderung nach nationalen Interessen steuern“. Die CDU in Berlin spricht sich gegen das von der Bundespartei gewünschte Betreuungsgeld für Eltern aus. „Das hat fatale Wirkungen“, sagte Grütters: „Wir wollen, dass Kinder noch früher in die Kitas gehen.“ Sprachschulung soll nach dem Wunsch der CDU bereits mit vier Jahren beginnen.

An vielen Punkten ist erkennbar, wie die Autoren den Spagat zwischen der konservativen Wählerschaft und ambitionierter Realpolitik versuchen. Das Konzept ist ein bunter Strauß zwischen fördern und fordern, hart aber herzlich, einerseits und andererseits. Die CDU ist etwa „gegen die generelle Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft“, aber „für eine gewisse Gelassenheit im Umgang mit dem Kopftuch“.

Den Spagat hinbekommen haben zwei unterschiedliche Autoren: Zum einen die Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Landesvorsitzende Grütters, die sich von Integrationsbestrebungen in anderen CDU-Ländern inspirieren hat lassen. Zum anderen Burkard Dregger, dessen Vater Alfred jahrzehntelang für den konservativen Flügel in der CDU stand. Der Anwalt aus Zehlendorf sitzt seit März 2009 im CDU-Landesvorstand.

Viele der Konzeptpunkte überschneiden sich mit den Maßnahmen im Integrationskonzept des Senats, wie etwa die interkulturelle Öffnung im öffentlichen Dienst, Projekte für Mütter und Frauen in Einwandererfamilien oder Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche. Aber es gibt auch deutliche Unterschiede: So plädiert die CDU für Kürzungen staatlicher Leistungen, wenn Eltern ihre Kinder nicht in die Schule schicken. „Wir prüfen derzeit, ob wir eine Bundesratsinitiative dafür starten können“, sagt Grütters. Außerdem sei in der Bildungspolitik darauf hinzuwirken, dass Deutsch an Schulen die einzige Sprache in Unterricht und Pausen wird. Und die CDU will eine „verantwortungsvolle politische Führung“, die „neben den Interessen der Zuwanderer auch die deutschen Interessen berücksichtigt“ und ihre vorhandenen Vorbehalte ernst nimmt.

Ferda Ataman

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