zum Hauptinhalt
So bitte nicht. Bei mehrstündigen Abiturklausuren dürfen Schüler selbstverständlich zwischendurch auf die Toilette – und so ein Smartphone lässt sich leicht verstecken.

© Kai-Uwe Heinrich

Internet-Schummelei: Mit dem Smartphone in die Abi-Prüfung

Mit Smartphones lässt sich in Klausuren bestens schummeln. Das Problem ist erkannt – aber nur schwer zu lösen. Ein Handy-Ortungsgerät soll eingeschmuggelte Mobiltelefone nun aufspüren.

Mit einem Smartphone lässt sich ja vieles machen: chatten, Videos schauen, Musik hören, mitunter auch telefonieren – und man kann auch prima damit spicken. Ob Gedichtinterpretation, Kurvendiskussion oder die Französische Revolution: Im Internet findet sich auf fast jede Frage eine Antwort. Es lässt sich auch einfach das Schulbuch abfotografieren, um darin beim Toilettengang während der Klausur in Ruhe nachzulesen. Das ist natürlich verboten, es halten sich nur – wen wundert’s – nicht alle dran.

Im letzten Jahr wurde einer Berliner Schülerin das Abitur aberkannt, sie hatte in einer Klausur seitenweise fremde Texte ohne Quellenangabe verwendet, vermutlich mithilfe ihres Smartphones. In diesen Tagen wird wieder Abitur geschrieben, am Donnerstag sind etwa die Deutsch-Leistungskurse dran. Eigentlich müssen die Handys vor den Klausuren abgeben werden. So ist das von der Schulbehörde vorgesehen, und die Prüflinge werden vor Beginn der Prüfung auch darüber belehrt. „Aber wir durchsuchen die Schüler natürlich nicht“, sagt ein Schulleiter.

Eine Schule in der Nähe von Köln setzt jetzt offenbar Technik gegen Technik ein, um die Internet-Schummelei zu unterbinden. Mit einem Handy-Ortungsgerät sollen die eingeschmuggelten Mobiltelefone aufgespürt werden, berichtet der „Kölner Stadtanzeiger“. Von einer solchen Lösung halten die Berliner Kollegen allerdings wenig, oder besser: gar nichts. Der Einsatz solcher Geräte sei nicht geplant, heißt es bei der Senatsverwaltung für Bildung. Und auch Paul Schuknecht von der Schulleitervereinigung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sagt: „Die Technik entwickelt sich so schnell, da wird dann bald wieder ein anderes Schlupfloch gefunden, um das zu umgehen.“

Schuknecht, der auch Direktor der Friedensburg-Oberschule ist, sagt aber auch: „Das Problem ist riesig.“ Michael Retzlaff vom Landesinstitut für Schule und Medien (Lisum) hält ein Ortungsgerät zwar für konsequent, klare Regeln im Vorfeld seien aber sogar noch weitaus wichtiger. „Sie müssen gemeinsam mit den Schülern erarbeitet werden, und die Schüler müssen für die Einhaltung der Regeln in Verantwortung genommen werden.“

In Prüfungen seien Handys absolut tabu, von einem generellen Verbot im Schulalltag hält Retzlaff dagegen nichts. „Das geht an der Realität vorbei“, sagt er. 96 Prozent aller Jugendlichen ab 14 besitzen ein Handy, mehr als 50 Prozent der 16- bis 19-Jährigen haben ein Smartphone. „Es ist ein kulturelles multimediales Lernwerkzeug“, betont Retzlaff. Er plädiert dafür, es sinnvoll im Unterricht einzusetzen: Damit könnten beispielsweise Videos von Experimenten gedreht, Interviews geführt oder es könnte das Recherchieren geübt werden. Das sei eine Chance, gerade weil an etlichen Schulen die Ausstattung mit Computern nicht optimal sei. „Es muss nur klar vereinbart werden, wann das Handy benutzt werden darf, und wann es aus sein muss.“

In vielen Berliner Schulen gilt bereits folgende Regel: Im Unterricht dürfen Handys nur auf Anweisung des Lehrers verwendet werden, in den Pausen können die Schüler dann wieder ganz legal über die Displays wischen. Einige Schulen sind noch strenger. Am Steglitzer WilliGraf-Gymnasium etwa dürfen Handys nur auf dem Schulhof benutzt werden oder wenn der Lehrer es erlaubt. Wer dennoch erwischt wird, der muss das Gerät abgeben. An der Friedensburg-Oberschule müssen dann die Eltern zum Schulleiter kommen, um es wieder auszulösen. „Das ist den Schülern meist sehr unangenehm“, sagt Direktor Schuknecht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false