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Chefdirigent Gijs Leenaars hat das "Auf ein Lied"-Format konzipiert.

© Hans van der Woerd

Online-Aktion des Berliner Rundfunkchors: Jede Woche ein Lied mit Bedeutung

"Auf ein Lied" heißt die Youtube-Aktion, durch die der Rundfunkchor in der konzertlosen Zeit den Kontakt zu seinem Publikum hält. Ein Mitglied des Ensembles singt pro Woche ein Lied mit Geschichte. 

Ein Lied kann eine Brücke sein, das weiß die Welt seit 1975, seit Joy Flemings Auftritt beim Eurovision Song Contest: „Jeder Ton ist wie ein Stein, er macht dich stark und fest“, sang sie damals, „du kannst darüber gehen, andere verstehen.“ Das machen jetzt auch die Profisängerinnen und -sänger vom Berliner Rundfunkchor: Sie versuchen in der harten, konzertlosen Zeit durch Lieder Kontakt zu ihrem Publikum zu halten.

Jede Woche veröffentlicht der Chor ein Youtube-Video, das im Kreuzberger Hotel Orania produziert wird und bei dem jeweils ein Mitglied des 64-köpfigen Ensembles ein Lied singt, das ihm persönlich etwas bedeutet. 

Die Idee dazu stammt von Gijs Leenaars, dem niederländischen Chefdirigenten des Rundfunkchors, und sie passt gut zu der Öffnungsstrategie, die Chordirektor Hans-Hermann Rehberg seit langem verfolgt: Nicht nur in den Tempeln der klassischen Musik nämlich sollen die Sängerinnen und Sänger präsent sein, sondern auch an Berliner Orten, die man nicht sofort mit ernster Musik in Verbindung bringt.

Einen Riesenerfolg hatte der Chor beispielsweise mit einer szenischen Fassung von Johannes Brahms’ „Requiem“ durch Jochen Sandig und Sasha Waltz & Guests, bei der sich die Zuhörer:innen zwischen den Sängerinnen und Sängern bewegen. Zuletzt haben sie im vergangenen Oktober Beethovens „Missa Solemnis“ in eine transdisziplinäre Konzertinstallation verwandelt, die im Vollgutlager und im SchwuZ-Club in Neukölln aufgeführt wurde.

Sopranistin Gesine Nowakowski singt "Am Klavier" von Viktor Ullmann.

© Peter Adamik

„Auf ein Lied“ heißt das aktuelle Projekt, bei dem Chefdirigent Leenaars seine Chormitglieder nicht nur am Flügel begleitet, sondern zuvor auch noch mit ihnen über das ausgewählte Werk redet, wobei im Hintergrund ein heimeliges Kaminfeuer flackert (weitere Infos unter www.rundfunkchor-berlin.de).

Die Sopranistin Gesine Nowakowski erinnerte sich an ihre Studienzeit zurück und holte darum aus dem Notenschrank ein Stück hervor, das sie 17 Jahre zuvor kennengelernt hatte. Der Text zu dem anrührenden Liebeslied stammt von Ricarda Huch, die Musik komponierte Viktor Ullmann, der in der Weimarer Republik eine vielversprechende Karriere gestartet hatte. Er wurde 1944 von den Nazis in Auschwitz ermordet.

Zum Träumen: Schumanns "Mondnacht"

Ganz tief in die Gefilde der Romantik begibt sich der Tenor Holger Marks mit Robert Schumanns Vertonung der „Mondnacht“ von Joseph von Eichendorff. In dem abgedunkelten Raum mit dem schwarzglänzenden Flügel und der Bücherwand im Hintergrund kann man sich da tatsächlich für ein paar Minuten aus dem Corona-Alltag wegträumen.

Für die neueste Folge, die am Sonntagabend freigeschaltet werden sollte, wählte der Bass Georg Streuber ein Werk von Richard Strauss aus dem Jahr 1886, das den provokanten Titel „Lob des Leidens“ trägt: „Keiner küsst so heißen Kuss“, heißt es in den Versen von Adolf Friedrich von Schack, „als wer für ewig scheiden muss.“

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