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Ärger in den Jugendclubs "Potse" und "Drugstore" in der Schöneberger Potsdamer Straße.

© imago/Schöning

Jugendclubs in Berlin-Schöneberg: Drugstore wird 46! – Polizeieinsatz zum Geburtstag

Zehn Punkbands waren wohl zu viel: Die legendären Jugendclubs Potse und Drugstore haben immer wieder Ärger mit den Nachbarn. Diesmal kam die Polizei.

Die Nutzer der Jugendzentren Potse und Drugstore wollten am Wochenende Geburtstag feiern, mit zehn Bands und lauter Musik, wie sich das für Punkfans gehört. Die beiden Jugendzentren existieren schon seit Jahrzehnten in der Potsdamer Straße 180. Am 16. September 1972 hat hier das Drugstore sein erstes Konzert organisiert.

Doch der Geburtstag endete mit einem Polizeieinsatz. Nach Angaben des selbstverwalteten Jugendzentrum Drugstore erschien am Sonntag um kurz nach drei Uhr morgens die Polizei mit sechs Mannschaftswagen bei den Jugendzentren. Zuvor war telefonisch vereinbart worden, die Lautstärke zu reduzieren, was die Jugendlichen auch eingehalten hätten. Als die Polizei erschien, seien die Konzerte schon "seit geraumer Zeit beendet" gewesen.

Dennoch habe die Polizei "das Gebäude gestürmt", mit der Erklärung, dass die Ruhestörung eine Ordnungswidrigkeit darstelle. Die Polizei habe gedroht, die Feuerschutztür, die die Jugendlichen aus Angst vor einer weiteren Eskalation zugezogen hatten, mit Rammbock und Brecheisen aufzubrechen.

Nach einem Gespräch sei man allerdings zu einer friedlichen Lösung gekommen, die Polizei habe mit den Mitarbeitern die Räume schließlich durchsucht, um sich zu vergewissern, dass die Veranstaltung beendet wurde. Dabei sei ein Mitarbeiter der Jugendclubs aus unbekannten Gründen festgenommen worden.

Polizeibilanz: Zwei Festnahmen, ein verletzter Beamter, beschmiertes Einsatzfahrzeug

Die Ausführungen der Polizei allerdings lesen sich etwas anders. Laut Angaben der Polizei habe man um 22:15 Uhr das erste Mal Kontakt zu den Veranstaltern aufgenommen, um diese auf das "hohe Rechtsgut der Nachtruhe" hinzuweisen, wie es in einer offiziellen Mitteilung heißt. Trotz wiederholter Ermahnungen sei es immer wieder zu Beschwerden durch Gäste des Co-Living-Spaces rent24 gekommen. Die letzte Warnung sei um 2 Uhr nachts ausgesprochen worden. Hostelgäste hätten laut Polizei zum Teil die Räume verlassen müssen, um anderswo Nachtruhe zu finden.

Kurz vor drei Uhr sei die Veranstaltung dann polizeilich für beendet erklärt worden, doch die Konzertbesucher seien zum großen Teil nicht der Aufforderung nachgekommen, die Räumlichkeiten zu verlassen. Im Gegenteil sei der Zugang durch Teilnehmer wissentlich blockiert worden, die Polizei sei gezwungen gewesen, "mit großer Kraftanstrengung" die Tür zu öffnen. Der Einsatz sei erst gegen 4.15 Uhr beendet gewesen.

Festgenommen wurden laut Polizei ein 26-Jähriger und ein 29-Jähriger. Der erste wegen Sachbeschädigung; er wurde aufs Revier gebracht, wo er "gegen die polizeilichen Maßnahmen Widerstand leistete". Dabei soll sich ein Polizist so sehr an der an einer Hand verletzt haben, dass dieser den Dienst beenden musste.

Der 29-Jährige wurde wegen Widerstandes gegen Vollzugsbeamte festgenommen. Außerdem wurde eine Strafanzeige gegen Unbekannt aufgenommen: Ein Einsatzfahrzeug sei "mit einer Buchstabenkombination" beschmiert worden.

Immer wieder Ärger mit den neuen Nachbarn

Seit Anfang des Jahres vermietet das Co-Working/Co-Living-Unternehmen rent24 in den Etagen über den Jugendzentren temporäre Wohnmöglichkeiten. Die neuen Nachbarn vertragen sich nicht gut. Schon bei vorherigen Konzerten haben die Jugendzentren wiederholt Lärmbeschwerden erhalten. "Wir müssen bei Veranstaltungen zu neunzig Prozent damit rechnen, dass die Polizei kommt", sagte eine Mitarbeiterin der Drugstore dem Tagesspiegel.

Vor dem Festival bereitete man sich auf Lärmbeschwerden vor, da man mit großem Andrang rechnete. "Wir haben aber noch aus den Siebzigern eine Erlaubnis, Konzerte zu veranstalten." Auch Farin Urlaub, Gründungsmitglied der Rockband Die Ärzte, hat mal hier mit seiner Band gespielt, die damals noch Soilent Grün hieß.

Die Zukunft der Jugendclubs ist ungewiss

Ende des Jahres enden die Mietverträge für die beiden Jugendclubs. Nach drei Jahren andauernden Verhandlungen müssen die Jugendzentren endgültig raus.

Der Bezirk sucht noch immer nach Alternativstandorten, man sei aber "großer Hoffnung", Verträge für zwei Gebäude, die ebenfalls in der Potsdamer Straße sind, bald abzuschließen, sagte Jugendstadtrat Oliver Schworck (SPD) in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Mittwoch. Sein Kollege, Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne), erläuterte: Für die Räumlichkeiten, die im Besitz der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau sind, sei "alles im Griff". Er hofft, den Vertrag nächste Woche zu unterschreiben.

Dort können allerdings nur ruhige Veranstaltungen stattfinden. Erstmal, hofft Oltmann, könnten dann die ruhigen Angebote der Jugendzentren in das neue Gebäude, ebenfalls in der Potsdamer Straße, umziehen. Das zweite Gebäude, das der Berliner Immobilienmanagement gehört, müsse allerdings noch saniert werden.

In der BVV wurde auch diskutiert, ob die Nutzung der Firma rent24 nicht gegen das Zweckentfremdungsgesetz verstoße. Schließlich mietet die Firma rent24 Gewerberäume, ihre Kunden können aber mehrere Monate lang Zimmer mieten. „Solange dort keine eigene Haushaltsführung stattfinde“, sei die Nutzung in Ordnung, sagte Stadtrat Oltmann. Bisher wurden die Bauanträge der Firma alle vom Bezirksamt genehmigt.

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