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Pfarrer Stefan Hippler und der südafrikanische TV-Moderator Katlego Maboe besuchen HIV-betroffene Kinder im Township.

© Hope Cape Town

World without Aids Award: Kämpfer für mehr Menschlichkeit

Zum zweiten Mal wird auf der Operngala der „World without Aids Award“ verliehen. Diesmal ging er an Rita Süssmuth und Stefan Hippler.

Eine Welt ohne Aids – eine wunderbare Idee, ein Traum, an dem viele engagierte Menschen arbeiten, Tag für Tag und oft gegen große Widerstände. Seit 20 Jahren trägt die Festliche Operngala dazu bei, für die Projekte der Deutschen Aids-Stiftung Spenden zur Verfügung zu stellen, um die wichtige Arbeit zu unterstützen. Aus Anlass des 20. Geburtstags der Festlichen Operngala haben die Veranstalter im Jahr 2013 einen undotierten Preis gestiftet: den „World without Aids Award“. Er wird an Menschen verliehen, die sich besonders im Kampf gegen HIV und Aids engagieren und dazu beigetragen haben, der Stigmatisierung von Betroffenen entgegenzuwirken. Die Skulptur – zwei Menschen, die sich umarmen – wurde von dem Künstler Stefan Szczesny gestaltet. Der Preis geht in diesem Jahr an Rita Süssmuth und Stefan Hippler.

RITA SÜSSMUTH

Ganz selten darf man als Journalist schreiben, was einem bei einer Reportage widerfuhr. Also, es ist schon Jahrzehnte her, ich fuhr nach Neuss zu den Süssmuths, um die Bundesministerin zu Hause zu treffen. Wir sprachen natürlich über die Aufgaben, besonders über Aids, über die Herausforderung durch das Thema und die Behandlung durch ihre Partei, die CDU – und die CSU. Und jetzt kommt’s. Während wir so redeten, gab es einen Anruf, dienstlich, Rita Süssmuth musste unser Gespräch unterbrechen.

Danach lag Spannung in der Luft; sie war angespannter. Warum? Süssmuth hatte sich eben gerade wegen ihrer liberalen Grundhaltung gegenüber der Krankheit und den Erkrankten und auch der Sicht auf sie in der Öffentlichkeit eine Brüllerei mit Franz Josef Strauß geliefert. Der war damals noch CSU-Chef, einflussreich, einer, der sich selbst für einen Riesenstaatsmann hielt und alle anderen für eher minderbemittelt, einschließlich Helmut Kohl. Der war seinerzeit Kanzler.

Sie war eine Herausforderung für alle Paschas

Nicht dass Kohl völlig begeistert gewesen wäre von „Lovely Rita“, wie sie in den Medien und von vielen Menschen mit liberaler Gesinnung genannt wurde. Aber er wusste doch um ihre Ausstrahlung in ein Milieu, in das der Aufgeklärten, der Weltoffenen, das sich der Union ja nicht von selbst öffnete. Süssmuth, zuständig für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, wirkte. Heiner Geißler als CDU-Generalsekretär hatte sie gefunden und genau das erhofft.

Heute, in Zeiten der moderaten Angela Merkel, wird das für manche unverständlich sein, aber damals war die Professorin für Erziehungswissenschaft eine Revolution, eine Herausforderung für alle Paschas. Eine Frau, die selbstbewusst Politik macht, große Politik – wo kommen wir denn da hin! In diesem Fall zu einer vernünftigen Haltung.

Sie setzte bei der Vorbeugung auf ärztliche Aufklärung und Beratung, dazu gegen Widerstände auf die Verwendung von Kondomen zur Prävention. Strauß konnte sie anfahren, stoppen nicht: Es ist Rita Süssmuth, die 1987 als Bundesministerin die Nationale Aids-Stiftung initiiert und später, 1996, die Fusion mit der Aids-Stiftung „Positiv leben“ unterstützt hat. Das tut sie, 77 Jahre jung und weiter für eine christlich-soziale und liberale Gesellschaft aktiv, bis heute.

STEFAN HIPPLER

Sein Leben ist ein Kampf: Einerseits gegen die verheerende Aids-Epidemie, andererseits gegen das eingerostete System, welches das Virus am Leben hält. Im Alter von 26 Jahren wurde Stefan Hippler zum Priester geweiht. Schon früh verschrieb er sich dem Dienst an der Menschheit, zunächst als Seelsorger am Frankfurter Flughafen. „Der damalige Bundesgrenzschutz war bestrebt, so viel wie möglich von Deutschland fernzuhalten. Menschenrechte wurden dabei ignoriert“, sagte der 54-Jährige. Besonders schmerzlich ist dem Bitburger eine Zweijährige in Erinnerung geblieben, der die Behörden die Einreise verweigerten – wegen Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland.

Am Frankfurter Flughafen fiel für den römisch-katholischen Pfarrer die Entscheidung, ins Ausland zu gehen. Eigentlich wollte Hippler nach Mexiko. Doch als er bereit war für den Auslandseinsatz, war die einzige freie Stelle in Südafrika. 1996 reiste er zum ersten Mal nach Kapstadt. „Die Menschen waren nett, das Klima war ganz angenehm. Ich hatte beschlossen, es zu versuchen.“ Zwölf Jahre las er dann als Pfarrer der deutschen Gemeinde in Kapstadt die Messe und kümmerte sich um das Seelenheil der Auswanderer.

Nach und nach erkannte er jedoch die Plage, die seine neue Heimat zu zerreißen drohte: Aids. „Wie die Jungfrau zum Kind bin ich zum Thema HIV/Aids gekommen. Als ich ankam, dachte ich nie, dass Südafrika so ein Problem damit hat.“ Im Jahr 2001 gründete Hippler Hope Cape Town und verfasste 2007 seine Streitschrift „Gott, Aids, Afrika“, in der er die Moraltheologie seiner Kirche anprangert.

„Wir haben 33 Millionen HIV- Positive weltweit. Damit ist ein Punkt erreicht, an dem sich die Kirche fragen muss: Was bedeutet das für uns? Sind die Antworten, die wir auf Fragen der Sexualmoral geben, wirklich noch aktuell?“

Die Kritik seiner geistlichen Kollegen absorbierte Pfarrer Stefan Hippler unbeschadet. Er sagt: „Schlimmer als kontrovers zu sein, ist nur die Grabesruhe in der Kirche.“

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