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Berlin: Kandidat mit alten Affären

SPD stellt in Stadt Brandenburg Ex-Polizeichef auf

Brandenburg/Havel - Die Personalie löst außerhalb der Stadt Brandenburg in der SPD Kopfschütteln aus: Die dortigen Sozialdemokraten schicken als Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl Ende 2011 Norbert Langerwisch ins Rennen, den über eine Affäre gestürzten früheren Polizeichef und Ordnungsdezernenten. Der 58-Jährige hatte bereits bei der letzten Wahl 2003 gegen die Christdemokratin Dietlind Tiemann verloren, die die Havelstadt nach der Misswirtschaft von SPD-Amtsinhabern seitdem aus der Krise geführt hat. Vergeblich hatte SPD-Landeschef Matthias Platzeck hinter den Kulissen versucht, einen unverbrauchten, integren, parteilosen Kandidaten mit echten Siegchancen zu gewinnen, jedoch Absagen erhalten. Langerwisch sei ein „erfahrener Kommunalpolitiker“, es werde ein „spannender Wahlkampf“, sagt Platzeck nun.

Langerwisch war bis 2005 Vize-Bürgermeister, bis er über eine Affäre stürzte, die bundesweit Schlagzeilen machte. Fahnder hatten bei einem Drogendealer – nach der für Tiemann siegreichen, für die SPD desaströsen Wahl – hunderte Wahlzettel zu seinen Gunsten entdeckt. Später stellte sich heraus, dass der Drogendealer ein Informant des Ex-Polizeichefs war, der wegen der Ermittlungserfolge weithin anerkannt war. Langerwisch wurde wegen einer öffentlichen Lüge abgewählt. Er hatte Kontakte zu dem Mann zunächst bestritten, später aber zugeben müssen. Seit seinem Rücktritt engagierte sich Langerwisch weiter kommunalpolitisch, er ist SPD-Fraktionschef im Rathaus, wird in der Stadt akzeptiert. In den Polizeidienst hatte er sich zurückgeklagt.

Die Personalie hat über die Stadt Brandenburg hinaus politische Relevanz. Es ist der Wahlkreis von SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Und SPD-Stadtchef ist Landtagsfraktionschef Ralf Holzschuher, der selbst eine Kandidatur ablehnt. Die „alten Geschichten“ um Langerwisch seien erledigt, sagt Holzschuher, der dennoch „eine Schlammschlacht“ befürchtet. In der Landes-SPD wird die Kandidatur von Langerwisch, der bei einem Parteitag des Kreisverbandes am 19. März nominiert werden soll, als das „kleinere Übel“ angesehen. Mit Duldung Holzschuhers hatten die größten Ortsverbände der Stadt nämlich zunächst versucht, den wegen einer verheimlichten Tätigkeit für den DDR-Staatssicherheitsdienst zurückgetretenen SPD-Lokalpolitiker Dirk  Stieger ins Rennen zu schicken. Nach Interventionen aus dem von Platzeck geführten Landesverband, der eine Neuauflage der Stasi–Debatte um Rot-Rot fürchtete, sagte Stieger ab. Bei Langerwisch, vor 1989 bei der Volkspolizei, hatte es 1988 nach Angaben von Holzschuher einen erfolglosen Anwerbeversuch der Stasi gegeben.

Den Wahlkampf will die SPD nach dem Motto führen: „Frau Tiemann hat gebaut, wir kümmern uns um die Menschen.“ Thorsten Metzner

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