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Berlin: Kaufhof und Saturn am Alexanderplatz wollen am Sonntag nicht mehr öffnen, Dussmann hält an Ankündigung fest

Der Kaufhof am Alex will nach der gestrigen Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) nicht mehr am Sonntag öffnen. Die Betriebsvereinbarung über 45 neue Vollzeitstellen, 20 weitere Lehrstellen und eine Arbeitsplatzgarantie bis Ende 2001 gilt dennoch vorerst weiter.

Der Kaufhof am Alex will nach der gestrigen Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) nicht mehr am Sonntag öffnen. Die Betriebsvereinbarung über 45 neue Vollzeitstellen, 20 weitere Lehrstellen und eine Arbeitsplatzgarantie bis Ende 2001 gilt dennoch vorerst weiter. "Die Vereinbarung ist gültig, unabhängig davon, ob am Sonntag verkauft wird", sagte der Präsident des Landesarbeitsgerichts Brandenburg, Hans Friedrich Eisemann, dem Tagesspiegel. Eisemann hatte als Schlichter in dem Warenhaus fungiert.

Kaufhof-Geschäftsführer Günter Biere kündigte an, dass zumindest fünf Auszubildende neu eingestellt würden und 25 Teilzeitkräfte nun Vollzeitstellen erhalten sollen. Diese zählen nicht zu den in der Vereinbarung genannten Stellen. Auf jene will Biere verzichten und rechnet mit der Zustimmung des Betriebsrats. "Das Gericht hat 45 Stellen vernichtet", sagt er.

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft HBV, Manfred Birkhahn, empfahl dem Betriebsrat, keine Abstriche zu machen: "Der Kaufhof kann die Stellen gebrauchen und ist kapitalkräftig genug." Roland Tremper von der DAG hielt Zugeständnisse für unvermeidbar, sagte aber: "Man muss zumindest die Ausbildungsplätze retten."

Der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts hatte die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt. Der Kaufhof dürfe weder an Sonn- und Feiertagen noch am Sonnabend nach 16 Uhr "Waren ohne Ortsbezug" als Andenken verkaufen. Auch durch die Aufkleber "Berlin Souvenir" lasse sich "ein solcher Ortsbezug nicht herstellen". Der rechtspolitische Streit um die Verkaufszeiten "berührt das zurzeit geltende Recht und das Interesse an seiner Durchsetzung nicht".

Die DAG begrüßte die Entscheidung als Zeichen dafür, dass "auch Rechtsbrüche unter massivem Einsatz kapitalkräftiger Großkonzerne nicht hingenommen werden"; die HBV äußerte sich ähnlich. Beide Gewerkschaften forderten den Senat zudem auf, die Verordnung für die "Ausflugs- und Erholungsgebiete" in der Innenstadt wieder aufzuheben, da sie Verwirrung stifte und zum Missbrauch verführe.

Neben dem OVG-Beschluss ergingen mehr als ein Dutzend einstweilige Verfügungen gegen den Kaufhof am Alex und den dortigen Elektronikmarkt Saturn. Händler aus der Hermannstraße, vom Tempelhofer Damm sowie aus Charlottenburg und Wilmersdorf hatten die Untersagungen veranlasst. Laut ihrem Anwalt Bernd von Nieding wurde unter anderem der Sonntagsverkauf von Elektroartikeln, Fahrrädern, Geschirr, Spielzeug, Damen- und Herrenmode, Parfümerie-Artikeln, Schmuck und Schreibwaren verboten. Selbst wenn das OVG dem Warenhaus Recht gegeben hätte, wäre der Betrieb nahezu lahm gelegt worden.

Kaufhof-Chef Biere hält es für nicht praktikabel, nur Bruchteile des Sortiments anzubieten, weshalb auf den Verkauf am Sonntag und am Sonnabend nach 16 Uhr ganz verzichtet werden müsse. Nach dem Eilverfahren wolle man nun aber einen Prozess anstrengen und "das Gericht zwingen, zu sagen, was Andenken sind". Dies sei noch völlig ungeklärt. Laut Anwalt Jan Kehrberg ist der Prozess erst in einigen Wochen bis Monaten möglich, nachdem das Landesamt für Arbeitsschutz über den Widerspruch gegen das Zwangsgeld von 50 000 Mark entschieden habe.

Neben Kaufhof hat auch Saturn am Alex erklärt, den Sonntagsverkauf zu beenden. Das Kulturkaufhaus Dussmann hält zwar an seiner Ankündigung fest, vom 5. September an sonntags zu öffnen, gibt sich nun aber vorsichtig: Laut Geschäftsleiter Hartwig Schulte-Loh wird erst in der kommenden Woche entschieden, ob Dussmann auch verkauft. "Vielleicht machen wir nur Schautage. Die Leute könnten lesen und Musik hören."

Die Angst vor Sanktionen wächst auch in den Potsdamer-Platz-Arkaden. Nach Auskunft des Center-Managements wollen nur noch "eine Handvoll" Läden öffnen.

Landesbischof Wolfgang Huber sagte in einem Interview mit dem Tagesspiegel, der Wechsel von Ruhetag und Arbeitstag sei eine ganz wichtige und kostbare Lebensorientierung, die nicht leichtfertig preisgegeben werden dürfe. (Seite 11)

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