zum Hauptinhalt

Berlin: Kaum Interesse an der Gemeinschaftsschule

Linkspartei will schon im Sommer das Projekt starten – doch nur wenige Schulen sind dafür, und Gymnasien halten sich ganz zurück

Unter Berlins Schulen herrscht große Skepsis gegenüber dem Pilotprojekt „Gemeinschaftsschule“. Selbst reformfreudige Kollegien halten sich bisher auffallend zurück – ob in Haupt-, Real- oder Gesamtschulen. Unter den Gymnasien gibt es kaum eine Spur von Interesse. Damit aber würde die entscheidende Grundlage für die Umsetzung der Gemeinschaftsschulidee von vorn herein fehlen.

Die Zurückhaltung gegenüber dem ambitionierten Reformvorhaben der Linkspartei wird noch dadurch verstärkt, dass die Rahmenbedingungen völlig unklar sind. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hat – anders als erwartet – noch nicht einmal die Steuerungsgruppe eingesetzt, die behördenintern das 22 Millionen Euro teure Mammutprojekt organisieren soll. Somit haben potenzielle Interessenten noch keine Ansprechpartner. Auch die organisatorischen und inhaltlichen Vorgaben stehen nicht fest. Somit ist keine Schule in der Lage, Gremienbeschlüsse für die Teilnahme an der Pilotphase herbeizuführen.

Vor diesem Hintergrund ist völlig unklar, wie die Linkspartei ihr Ziel umsetzen will, schon im Sommer die ersten Gemeinschaftsschulen zu bilden. Dies hatte sie am Sonnabend auf ihrer Fraktionsklausur bekräftigt. De facto kann dies aber gar nicht klappen, da in den kommenden Wochen bereits die Anmeldungen für die Oberschulen laufen: Von Eltern kann wohl kaum erwartet werden, dass sie ihre Kinder an einer bestimmten Schule anmelden, wenn noch gar nicht klar ist, ob diese Schule nicht plötzlich Gemeinschaftsschule wird.

Viele Kollegien sind aber nicht nur wegen des knappen Zeitplans der Linkspartei zurückhaltend, sondern auch aus prinzipiellen Gründen. Solange die Gymnasien parallel bestehen blieben, habe das ganze Pilotprojekt keinen Sinn, findet etwa Gerhard Rähme, Leiter der Kreuzberger Ossietzky-Gesamtschule. Der Zug in Richtung „eine Schule für alle“ sei bereits vor 30 Jahren abgefahren. „Das wird auch nicht durch die Gemeinschaftsschule anders“, glaubt Rähme. Ähnlich sieht das Reiner Haag von der Tempelhofer Werner-Stephan-Hauptschule. Er kann sich noch nicht einmal für das Zusammengehen mit einer Realschule erwärmen, weil dann das mühsam erarbeitete Profil seiner erfolgreichen Hauptschule möglicherweise verloren ginge.

Lothar Sack, ehemaliger Leiter der Neuköllner Fritz-Karsen-Gesamtschule und einer der engagiertesten Verfechter der Gemeinschaftsschule, lässt sich von diesen Bedenken nicht entmutigen. „Man muss jede Möglichkeit wahrnehmen, die sich bietet, um alle Kinder gemeinsam zu unterrichten“, lautet seine Überzeugung. Und wenn es – wie schon vor 30 Jahren – wieder nicht gelinge, die Gymnasien abzuschaffen, müsse man es zumindest „punktuell“ mit Gemeinschaftsschulen versuchen, fordert Sack.

Die Linkspartei geht unterdessen weiter davon aus, dass auch Gymnasien an dem Pilotprojekt teilnehmen. Das Lichtenberger Barnim-Gymnasium habe Interesse, verkündete kürzlich die Fraktionsvorsitzende Carola Bluhm. Eine Nachfrage dort ergab allerdings, dass die Schule diese Idee gar nicht mehr verfolgt. Auch aus dem zunächst interessierten Schöneberger Robert-Blum-Gymnasium ist nichts mehr in der Richtung zu hören. Als bei der letzten großen Konferenz aller Schulen, die zum Abitur führen, gefragt wurde, wer bei dem Pilotprojekt mitmachen wolle, rührte sich denn auch kein einziger Finger.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false