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Berlin: Kein Schiffsverkehr auf Landwehrkanal

Am Kreuzberger Ufer haben gestern weitere Baumfällungen begonnen – mit der Genehmigung des Senats

Mit Buhrufen und Beschimpfungen begleiteten gestern hunderte Anwohner die zweite Baumfällaktion am Landwehrkanal. Am Paul-Lincke-Ufer Höhe Forster Straße musste ein Baum fallen, weil er durch einen Blitzschlag instabil geworden war. Der Unmut im Kiez nimmt zu – erst recht, nachdem das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) gestern den Landwehrkanal erneut gesperrt hat, vorerst bis Montag. Grund: Gefahr im Verzug.

Die spontane Sperrung war auch eine Reaktion auf das Veto des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, der der Fällung von drei Bäumen an anderer Stelle gestern nicht zustimmte. So wandte sich das WSA an den Senat: Die obere Naturschutzbehörde solle über die Fällungen entscheiden. Die Stadtentwicklungsverwaltung erteilte die Fällgenehmigung am frühen Nachmittag – auch an den drei Linden auf Höhe Tempelhofer Ufer 14-17 sollte noch gestern die Kreissäge angesetzt werden. An diesem Wochenende sollen zahlreiche weitere Bäume gefällt werden.

Der Streit um die Fällung von zunächst bis zu 35 umsturzgefährdeten Bäumen an den unterspülten Ufern des Landwehrkanals spitzt sich zu. Die Fällgenehmigung sei eingeholt worden, sagte WSA-Leiter Hartmut Brockelmann. Für weitere zwölf Bäume entlang eines 11,5 Kilometer langen Abschnitts wurden gestern die Verfahren eingeleitet. Der Senat stimmt wegen der Gefahrenabwehr zu. Manuela Damianakis, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung sagte, es herrsche wegen der meisten Bäume Einvernehmen mit den vier betroffenen Bezirken. Man habe „die groß angelegte Maßnahme des WSA mit Erstaunen registriert“.

Die erneute Sperrung des Kanals stieß nicht nur bei den Anwohnern auf Kritik. Der Kreuzberger SPD-Abgeordnete Stefan Zackenfels wollte sich gestern noch an Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) wenden. „Das Vorgehen ist ungeheuerlich, eine bewusste Eskalation. Das WSA hat sich über alle Absprachen mit dem Bezirk, die Fällungen nach einer Infoveranstaltung am 10. Juli vorzunehmen, hinweg gesetzt.“ Die vom WSA aus Sicherheitsgründen verfügte Sperrung sei ein Skandal, sagte der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Christian Wiesenhütter. Der Kanal müsse sofort wieder frei gegeben werden.

Bei den vier betroffenen Reedereien Riedel, Stern und Kreis, Winkler und Van Loon hieß es, man verliere 15 000 Fahrgasteinnahmen täglich. Vom Geschäft auf dem Kanal hingen bis zu 500 Arbeitsplätze ab. Rund die Hälfte aller Touristen in Berlin würden die „Brückenfahrt“ buchen. Der Umsatz der Branche sei zur Hälfte vom Innenstadtgeschäft abhängig. Den Kanal sähen eine Million Passagiere jährlich. Die Baumschutz-Bürgerinitiative hat bereits 12 000 Unterschriften gesammelt.

Annette Kögel

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