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Berlin: Kiezstreifen werden zur Ordnung gerufen

Knöllchen schreiben statt Kampfhunde an die Leine legen: Die Klagen über die bezirklichen Kontrolleure häufen sich

So gewollt der Einsatz der Kiezstreifen von allen Parteien war, so umstritten ist ihre Arbeit seit dem Zeitpunkt, an dem sie im vergangenen Herbst ihre Tätigkeit aufgenommen haben. Von „Ordnungsexzessen“ in manchen Fällen spricht inzwischen der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Alexander Ritzmann. Dies sei das falsche Vorgehen. „Die Ordnung muss mit Augenmaß durchgesetzt werden“, sagt Ritzmann. „Nach dem Motto: lieber einmal mehr ermahnen als abkassieren.“ Die Bürger dürften nicht das Gefühl bekommen, sie würden nur gegängelt. Ritzmann befürchtet, dass sich die Stimmung gegen die Ordnungsämter wenden könne. Die umweltpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Felicitas Kubala, sagt: „Die Ämter funktionieren noch nicht richtig.“

Auch viele Leser des Tagesspiegels berichten einerseits von überzogenen Maßnahmen der Kiezstreifen, andererseits aber auch davon, dass diese sich in bestimmen Fällen nicht trauen einzugreifen. Eine Leserin beobachtete beispielsweise, wie eine Kiezstreife im Stadtpark Steglitz sich bewusst ältere Radfahrer vornimmt, es bei jüngeren, da diese schneller sind, aber gar nicht erst versucht. Ein anderer Leser berichtete, dass Ordnungsamtsmitarbeiter an der Krummen Lanke einer gebrechlichen 85-jährigen Frau sofort ein Bußgeld in Höhe von 30 Euro abverlangt haben, weil sie ihren kleinen Hund nicht angeleint hatte. Nur aufgrund seines Einschreitens beließen sie es schließlich bei einer Verwarnung. Ein weiterer Leser machte die Erfahrung, dass an der Greenwich-Promenade in Tegel eine Kiezstreife nicht einschritt, als eine große Dogge unangeleint auf dem Spielplatz herumlief. Wieder andere Leser berichten, dass sie die Kiezstreifen lediglich dabei beobachten, Knöllchen fürs Falschparken zu verteilen.

Diese Beobachtungen decken sich mit den Erfahrungen des innenpolitischen Sprechers der CDU, Frank Henkel: „Ich habe oft den Eindruck, dass die Streifen eher die Autofahrer schikanieren, als für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen.“ Es dürfe nicht sein, dass „das Muskelpaket mit Kampfhund“ nicht behelligt wird, die alte Dame mit Dackel aber sehr wohl. „Alle müssen gleich behandelt werden. Es darf keine Kultur des Wegsehens geben“, sagte Henkel. Wie FDP-Mann Ritzmann spricht sich Henkel für weitere Schulungen der Mitarbeiter aus. Diese müssten auch für die Amtsleiter gelten, damit die richtigen Prioritäten gesetzt werden.

Uwe Stäglin (SPD), Baustadtrat von Steglitz-Zehlendorf und zuständig für das dortige Ordnungsamt, kann die Kritik an den Kiezstreifen nicht teilen. Es sei doch gerade deren Aufgabe, Ordnungswidrigkeiten konsequent zu ahnden. Er kenne zwar auch Beschwerden von Bürgern. Aber oftmals sei es so, dass diese jetzt über ein Bußgeld erfahren mussten, dass sie sich von „lieb gewonnenen, langjährigen Gewohnheiten“ trennen müssen, die aber noch nie erlaubt waren.

Die Senatsinnenverwaltung verwies gestern darauf, dass man zum Jahresende eine erste Bilanz der Arbeit der Ordnungsämter ziehen wolle.

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