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Kurzer Besuch. Das Kiki Blofeld sollte Oberschöneweide dauerhaft beleben. Doch das klappte nicht so gut wie geplant. Wie es weitergeht, ist unklar.

© David Heerde

Club-Betreiber gibt nach einer Saison auf: Kiki Blofeld räumt Schöneweide

Die Grenzen der Clubkultur sollten verschoben werden. Doch so tief in den Südosten schafften es viele Gäste nicht. Der Betreiber gibt Ämtern und dem Vermieter die Schuld.

Die einen haben ihm auf die Schulter geklopft, die anderen haben ihn für verrückt erklärt. So ist das immer, wenn sich Pioniere aufmachen, Grenzen zu überwinden. Gerke Freyschmidt brachte die Clubkultur, die bislang den S-Bahnring als äußerste Ausdehnung kannte, spreeaufwärts bis hoch nach Oberschöneweide. Das Kiki Blofeld, aus Kreuzberg vertrieben, wurde dort im Frühjahr euphorisch begrüßt, löste eine Aufbruchstimmung aus, bestätigte die Annahme, dass nun auch der langweilige Südosten Teil des weltweit nachgefragten Berlin-Style werden würde.

Doch das Sommermärchen ist ausgeträumt, die Pioniertat gescheitert. Das Kiki ist in die Winterpause gegangen und „wird nicht wieder an dem Standort öffnen“, schreibt Freyschmidt auf der Facebookseite des Kiki. Gründe gebe es viele, „zum einen hat unser Vermieter andere Pläne, zum anderen haben die Ämter alles dafür getan, um uns loszuwerden“. Für Nachfragen zur Konkretisierung seines Ärgers ist Freyschmidt nicht zu erreichen.

Die WM-Spiele waren gut besucht

Dafür gibt sein Vermieter Auskunft, der Rechtsanwalt Sven Herrmann. Er versucht seit 2004, die Reinbeckhallen auf dem ehemaligen Werksgelände der AEG direkt an der Spree zu einem Kunstquartier zu veredeln. Ein erster Anlauf mit hochfliegenden Umbau- und Erweiterungsplänen scheiterte, doch nun sieht Herrmann gute Chancen, die Hallen zu vermarkten. Das Kiki Blofeld sollte dabei mit seinem guten Namen helfen. Dass der Club an dem Wagnis Oberschöneweide gescheitert sei, will Herrmann nicht glauben. „Das hat gut funktioniert.“ Zu einzelnen Spielen beim Public Viewing der Fußball-WM seien 500 Leute gekommen. Auch die Semesterschau plus Aftershowparty der Mode- und Designstudenten aus der benachbarten Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) kann als Erfolg verbucht werden.

Hallen sollen saniert werden

Dennoch wurde das Kiki Blofeld nicht unbedingt vom Publikum überrannt. An normalen Tagen ohne Spezialereignis blieb die Gästeschar überschaubar. Problematisch war, dass das Kiki seine Öffnungszeiten vom Wetter abhängig machte. Zog ein Gewitter auf, wurde die Party abgesagt, und wer das nicht mitbekommen hatte, stand plötzlich allein auf weiter Weide. Das Kiki hat ein paar tausend Euro Mietschulden hinterlassen, doch Herrmann gibt sich großzügig. Wenn Freyschmidt wolle, sei das Kiki „weiter eine Option“. Allerdings frühestens zur Freiluftsaison 2016, denn die Reinbeckhallen sollen im kommenden Jahr für rund zwei Millionen Euro saniert werden. Herrmann möchte hier Künstlerateliers ansiedeln, mit großer öffentlicher Ausstellungsfläche und einem Verkaufsbereich. Die 400 Quadratmeter große Clubfläche soll auf jeden Fall bestehen bleiben, egal, welcher Betreiber sich später darin ausprobieren wird.

Der Club war baurechtlich nur geduldet

„Das Kiki Blofeld hat Oberschöneweide sehr gutgetan“, sagt der Baustadtrat von Treptow-Köpenick, Rainer Hölmer (SPD). Das Club-Projekt sei „zeitlich befristet“ gewesen, der Betrieb nur „geduldet“, solange kein Bauantrag mit Brandschutzkonzept und Lärmgutachten vorlag. „Wir sind dem Betreiber entgegen gekommen.“ Freyschmidts Ämterschelte könne er nicht nachvollziehen.

Schöneweide ist ein Stadtteil mit Zukunft, nur weiß niemand, wann sie wirklich beginnt. Der Bahnhof wird seit einem Jahr aufwendig runderneuert, der Nazitreff „Zum Henker“ ist geschlossen, an der Spree sollen neue Wohnungen und Fachmärkte entstehen. Die vor einigen Jahren angesiedelte Hochschule pumpt jeden Tag so viele Studenten nach Schöneweide, dass die Tramlinien morgens komplett überlastet sind.

Pionier Bryan Adams hält länger durch

Die Geschichte der „Elektropolis“ Berlin mit ihren riesigen Kraftwerken, Montagehallen und Fabrikantenvillen aus der Kaiserzeit ist nirgends so eindrucksvoll zu besichtigen wie in Oberschöneweide. Auf diesem Fundament sollen Kunst und Kreativität gedeihen, das ist planerisch so festgeschrieben. Vor einem Jahr gab es schon mal einen Euphorieschub wie beim Kiki Blofeld. Der kanadische Rockstar Bryan Adams hatte eine der Reinbeckhallen gekauft. Im kommenden Jahr wolle Adams mit deren Ausbau beginnen, sagt Herrmann. Dann sollen auch dort Künstlerateliers entstehen und die Redaktion des von Adams mitgegründeten „Zoo Magazine“ einziehen. Es gibt also Pioniere, die weiterhin an Schöneweide glauben.

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