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Berlin: Kinder können jetzt besser geschützt werden

Netzwerk Kinderschutz ist verabschiedet: Ämter, Kitas, Polizei, Ärzte und Gerichte arbeiten zusammen

Vergangenes Wochenende ist es gerade wieder passiert: zwei Mädchen aus Lankwitz riefen die Polizei an und erklärten, dass ihre Mutter und deren Lebengefährte sie häufig prügelten. Nur einer von zahlreichen Misshandlungs- und Vernachlässigungsfällen von Kindern, die in den letzten Wochen bekannt wurden.

„Jeder dieser Fälle ist einer zu viel“, sagte Jugendsenator Jürgen Zöllner gestern. Gestern hat der Senat das seit einem Jahr geplante Netzwerk Kinderschutz verabschiedet. Das Frühwarnsystem soll eine bessere Zusammenarbeit zwischen Jugendämtern, Polizei, Kinderärzten, Kitas, Schulen, Krankenhäusern und Gerichten sicher stellen. „Qualitätsmanagement ist jetzt in Berlin auch beim Kinderschutz eingeführt“, sagte Jürgen Zöllner. Und zwar in den drei Bereichen Früherkennung einer Kindesvernachlässigung, schnelles Eingreifen nach bezirksübergreifenden, einheitlichen Kriterien und im verbindlichen, lückenlos dokumentierten Informationsaustausch zwischen den beteiligten Ämtern, Kitas oder Ärzten.

Die Umsetzung des Konzepts aber wird etwas dauern; wahrscheinlich mehrere Monate. Die Verantwortung dafür liegt bei den Bezirken, die „Kinderschutzkoordinatoren“ einsetzen sollen. Für Kleinkinder sitzen sie in den Gesundheitsämtern, für ältere Kinder in den Jugendämtern. Bei ihnen laufen alle Informationen über ein gefährdetes Kind zusammen, sie koordinieren Hilfsangebote für gefährdete Familien, kontrollieren deren Einhaltung, ordnen unangemeldete Hausbesuche ein und schalten das Familiengericht ein. Zusätzliche Stellen sollen dafür nicht geschaffen werden. Man müsse nicht den gesamten Kinderschutz in Berlin neu organisieren, sagte Jugendsenator Zöllner. „Wir wollen nur besser koordinieren und Standards schaffen“. Das ginge auch mit dem jetzigen Personal in den Jugendämtern.

Die Polizei registrierte 2004 255 Fälle von Kindesvernachlässigungen und im Jahr 2005 waren es 314; Zahlen für 2006 liegen noch nicht vor. Die Zunahme könne aber auch auf die erhöhte Sensibilität der Bürger dem Thema gegenüber zurückzuführen sein, meinte Senator Zöllner.

Rund um die Uhr und sieben Tage die Woche wird es eine Telefonhotline des Netzwerks Kinderschutz geben. „In zwei, drei oder vier Wochen“ soll die zusätzliche Nummer geschaltet werden, so der Senator. Vier zusätzliche Stellen werden in den Räumen des Kindernotdienstes in Kreuzberg entstehen. Zur Etablierung des Netzwerks werden dieses Jahr 1,1 Millionen Euro eingesetzt, davon 300 000 Euro für die „aufsuchende Elternhilfe“. Letztere ist fester Bestandteil des neuen Fürsorgekonzepts. Familien in schwierigen Situationen sollen häufig von zwei Sozialarbeitern besucht werden, um das Wohl des Kindes schon vor seiner Geburt zu stärken.

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