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Fototermin. Eine Woche lang werden im Naturkundemuseum verschiedene Objekte digital gescannt - als Test.

© Thilo Rückeis

Knochenjob in Berlin: Das Naturkundemuseum scannt jetzt seine Schätze ein

Dinosaurier für die Mailbox: Im Beisein von Besuchern scannt das Naturkundemuseum seine Exponate ein. Die neuen 3-D-Bilder erleichtern die Forschung und ermöglichen Zugang zu den Objekten, die bisher größtenteils unzugänglich sind.

„Nicht hingucken!“, ruft Heinrich Mallison zur Begrüßung durch den halbdunklen Saal im Naturkundemuseum. Im selben Moment blitzt hinter ihm ein metallener Bogen mit neun grellweißen LED-Ringen auf. „Sie wollen ja nicht den Rest des Tages lila Sternchen vor den Augen sehen“, sagt der Wissenschaftler. Es summt unter dem Bogen, ein afrikanisches Schuppentier fährt ins Rampenlicht, ruckweise bewegt sich der Lichterbogen im Halbkreis über das Präparat auf dem Fließband. Hinter den LED-Ringen sitzen Kameras. Am Ende des Bandes wartet ein Gorillaschädel. Dahinter reihen sich Fischskelette, Saurierknochen.

Eine Woche lang steht die Apparatur, die auf den ersten Blick der Gepäckkontrolle am Flughafen ähnelt, im Naturkundemuseum. Die Wissenschaftler um Projektkoordinator Heinrich Mallison testen, wie sich mit ihr die Schätze digitalisieren lassen, die in den Depots lagern – im Knochenkeller und in Räumen, die mit Regalreihen zugebaut sind und den meisten Menschen verborgen bleiben. „99 Prozent unserer Exponate sind normalerweise nicht zugänglich“, sagt Mallison.

Die vom Fraunhofer-Institut für Grafische Datenverarbeitung in Darmstadt entwickelte Maschine fotografiert jetzt den Gorillaschädel, der sonst in einem Pappkarton sein Dasein fristet: 297 Aufnahmen, aus denen Computer ein dreidimensionales Modellbild errechnen. Das lässt sich auf dem Monitor dann beliebig drehen und vermessen, als hätte man es in der Hand. Hat man aber nicht – und dieser Unterschied ist die Revolution. „Ein Riesenvorteil“, sagt Mallison, „es wird nicht immer alles angefingert. So wird auch nichts zerstört.“ 

Experten müssten nicht mehr herumreisen, um Sammlungen zu studieren und Objekte zu vergleichen. Außerdem können die Stücke kopiert werden – sowohl als Dateien als auch ganz real mit 3-D-Druckern. „Ich kann einen ganzen Dino im Rechner haben“, sagt Mallison. Und: „Ich kann alles viel besser visualisieren.“ Knochen können übereinandergelegt und gespiegelt werden, Hobbyforscher können eigene Funde mit dem Bestand von Museen abgleichen. Es gebe eine Menge solcher Leute, sagt der Wissenschaftler. „Die sitzen eher auf dem Land. Deshalb brauchen wir überall schnelles Internet.“ Ein Dino ist auch digital noch sperrig.

Besucher dürfen beim Scannen dabei sein

Auch im Naturkundemuseum sind dauernd die Speicher voll. Ein Chamäleon vom Vortag ist zu 680 Megabyte geronnen – aber so plastisch und farbecht, dass Mallison zufrieden ist. Auch das Schillern von Vogelfedern und die Struktur von Oberflächen werde mit der Maschine besser erfasst als mit herkömmlichen Fotos. Für die fast durchsichtigen Fischchen aber ist eher ein Handscanner geeignet als der große Ring, und bei Insektenflügeln interessiert hohe Auflösung mehr als die dritte Dimension. Die Testwoche soll zeigen, was die Maschine kann. Besucher dürfen dabeisein, wenn die Wissenschaftler lernen.

Wer beim Scannen zuschauen will, kann das in dieser Woche im Naturkundemuseum tun (Invalidenstr. 43, Erdgeschoss, hinterm Sauriersaal links): Mi 10-17, Do 10-15, Fr 10-12 Uhr.

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