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Knut mit Decke

© ddp

Liebeserklärung an einen Eisbären: Knut tut mir so gut

Lieber Leser, dies ist kein knut-kritischer Text. Wenn Ihnen das Getue um das weiße Wollknäuel auf die Nerven geht, dann lesen Sie jetzt besser nicht weiter. Wenn Sie, wie ich eine heimliche Liebe hegen, dann dürfen Sie die mit mir teilen.

Ich mache es jetzt öffentlich. Ja, ich finde Knut gut. Ich bin eine von denen, die von Anfang an ihre Mitmenschen mit Rufen wie „Oh, wie süüüß“ genervt und Bilder und You-Tube-Links zu Knut verschickt hat. Wann immer Knut im Fernsehen auftaucht, sitze ich wie gebannt davor. In meinem Besitz befinden sich mittlerweile folgende Knut-Accesoires: eine DVD, ein Poster, ein Plüsch-Knut und eine Knut-Einkaufstasche. 

Welch herzzerreißende Geschichte steckt doch dahinter: Ein Eisbärbaby, verstoßen von seiner Mutter, wird von Pflegerhand gerettet und aufgezogen. Heroisch setzt sich dabei Einer ganz besonders für das Baby ein, Tag und Nacht ist er dabei und überwacht jeden Herzschlag und jeden Tatzenschritt von Knut: Thomas Dörflein. Der sensible Öko mit dem Pferdeschwanz opfert sich und sein Privatleben hingebungsvoll für den jungen Eisbären - und er hat nichts dagegen, dass die Kameras ihn dabei filmen. Ein Mann, der Gefühle zeigen kann, der eine väterliche Ader hat, der verspielt und verschmust ist und der trotzdem – ganz heldenhaft und männlich – eine Mission verfolgt, sein Ding durchzieht: Hach…!

Das Ganze ergibt den Stoff, aus dem Disneyfilme gestrickt sind. Ja, es ist kitschig. Und es ist albern. Und es vermenschlicht ein Raubtier, dass normalerweise in einer rauen Umgebung geboren wird und deshalb in der freien Natur wohl nie überlebt hätte. Und trotzdem konnte ich mich dem nicht entziehen. Eben weil Knut so süß war. Weil er so tollpatschig war. Weil er ein knuffiger, weißer Knuddel-Knut war, ein plüschiges Knäuel mit schwarzen Knopfaugen, einem kleinen Stummelschwänzchen und tapsigen Schritten.

Nun ist Knut dies alles ja nicht mehr. Er ist groß, dick, plump, ständig schmutzig und er entspricht gar nicht mehr dem Kindchenschema. Die Massen strömen nicht mehr in den Zoo, keine Kindergartengruppen reihen sich vor seinem Gehege auf und schreien "Knut, Knut, Knut!".

Aber das alles stört mich nicht, im Gegenteil, ich mag Knut jetzt sogar noch mehr. Weil er ein Rebell ist. Ein verzogenes Gör mit Jungstarallüren und ohne Benehmen. Er kümmert sich einen Dreck: Ob er gerade schmutzig ist, ob er ein kleines Kind anbrüllt oder ob er einfach nur pennt – Knut macht, was er will.

Und genauso verhält sich sein Ziehpapa. "Dörflein knutet wieder", titelte eine Berliner Boulevardzeitung neulich. Knut trifft sich demnach noch heimlich mit Dörflein, obwohl beide absolutes Rumtobeverbot haben - weil der Teddy langsam zu gefährlich für Dörflein sein soll. Aber die Wahrheit ist, sie können nicht voneinander lassen.

Ja, ich mag Knut und den Film schaue ich mir natürlich auch an. Aber ich gebe zu, ich mache mir auch ein bisschen Sorgen. Was wird aus dem Ex-Kinderstar? Schon längere Zeit sieht und hört man kaum noch von ihm in den täglichen Medien. Sein Ruhm wird überschattet von Konkurrenz-Bärchen Flocke und jetzt auch noch Wilbär. Wird man Knut vergessen, seinem Schicksal überlassen - vereinsamt im Berliner Zoo, ohne Freunde, ohne Dörflein? Ich hoffe es nicht. Ich hoffe, Knut geht es auch weiterhin gut. Denn ich bin ein echter Knut-Fan. Für immer!

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