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Berlin: Körperverletzung: Vom Leben zermürbt: Ehemann griff Ex-Frau an - Sechs Jahre Gefängnis

Es war die Verzweiflung, die den Mann auf die Anklagebank brachte. Und nun scheint es, als wolle er auch noch die letzten Bindungen in seinem Leben kappen.

Es war die Verzweiflung, die den Mann auf die Anklagebank brachte. Und nun scheint es, als wolle er auch noch die letzten Bindungen in seinem Leben kappen. "Du bist doch manipuliert", fährt Peter B. seinen 21-jährigen Sohn im Zeugenstand an. Nicht hin und wieder, sondern nur einmal habe er seiner Frau in den 26 Ehejahren "eine Knallschote" gegeben, schimpft der Angeklagte. Gewissermaßen aus Notwehr. Weil sie einen Schlüsselbund nach ihm geworfen habe. Jetzt richtet sich die Wut des 53-Jährigen gegen seinen fassungslosen Sohn. "Nun brauchste nichts mehr zu sagen!", faucht Peter B. noch, bevor er sich wieder in Schweigen hüllt.

Es war einer der wenigen Ausbrüche im Leben von Peter B., den seine Ex-Frau als einen "sehr stillen, sehr introvertierten" Mann beschreibt. Im vergangenen Frühjahr aber verlor der gelernte Mechaniker völlig die Kontrolle: Am 7. März lauerte er seiner von ihm getrennt lebenden Frau und ihrem Freund in Wilmersdorf auf. "Du hast mir mein Leben versaut, jetzt bring ich dich um!", rief der Mann. Dann zog er eine Schreckschusspistole, schoss und prügelte auf den Kopf seiner Frau ein. Die Krankenschwester, 45 Jahre alt, überlebte den Angriff schwer verletzt. Nun sitzt sie in Gerichtssaal 700 Peter B. als Nebenklägerin gegenüber.

Drei Tage lang hat das Gericht über die Tat des 53-Jährigen verhandelt, doch vieles vermochte der Prozess nicht zu klären. Ungewiss blieb beispielsweise bis zum Urteil, was Peter B. vorhatte, als er zu der Wilmersdorfer Wohnung fuhr. Wollte er erst nur reden? Wollte er drohen? Wollte er töten? "Sicher ist, dass es sich um die Tat eines Menschen handelt, der vom Leben zermürbt war und der für sich keine Perspektive mehr sah", sagt der Vorsitzende Richter.

Seit 26 Jahren sind Angela und Peter B. verheiratet, doch die beiden müssen schon vor sehr langer Zeit angefangen haben, sich zu entfremden. "Es war immer klar, dass wir uns trennen werden, wenn die Kinder aus dem Haus sind", sagt Angela B. auf der Zeugenbank. Bevor Peter B. ihr im Sommer 1998 den Koffer endgültig vor die Tür stellte, sei die Ehe "seit Jahren" faktisch beendet gewesen.

Nach der Trennung schien dem Familienvater aber immer mehr die Kontrolle über sein Leben zu entgleiten: Mit einem neu eröffneten Bistro ging Peter B. pleite. Schulden häuften sich an. Er wurde krank, konnte aber nicht zum Arzt gehen, weil er die Krankenversicherung nicht bezahlt hatte. Und dann fuhr seine Frau mit ihrem neuen Freund und den beiden Kindern auch noch nach Köln, um gemeinsam bei der Gameshow "Familienduell" aufzutreten. "Er war beleidigt, fühlte sich von allen allein gelassen", sagt der Sohn.

Matthias B. macht derzeit eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Seinen Vater beschreibt er als "liebevoll und fürsorglich". Oft hat er sich mit seiner Schwester gefragt, was den Vater zu der Tat getrieben haben konnte - vergeblich. Peter B. trafen sie erst im Gerichtssaal wieder. "Wir haben gehofft, dass mal was von ihm kommt", sagt Matthias B. Schließlich sei es für sie als Kinder nicht leicht, "mit sowas umzugehen".

Als der 21-Jährige den Saal verlässt, schickt ihm der Vater böse Blicke hinterher. Ein Mann ohne Perspektive. Das Gericht verurteilt Peter B. wegen gefährlicher Körperverletzung zu sechs Jahren Gefängnis.

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