zum Hauptinhalt
Beschwerden über die Leiterin des Tagore-Gymnasiums kamen zunächst aus dem Kollegium. (Symbolbild)

© DPA

Konflikt am Tagore-Gymnasium in Berlin: Der Hilferuf der Lehrer verpuffte – auch im Haus der Bildungssenatorin

Lehrkräfte des Tagore-Gymnasiums trugen die Probleme mit ihrer Leitung angeblich sogar in der zentralen Beschwerdestelle vor. Dort erinnert man sich nicht.

Der Konflikt um die Schulleitung des Tagore-Gymnasiums in Berlin-Marzahn wirft Fragen zum Krisenmanagement der Senatsverwaltung für Bildung auf. Nach Informationen des Tagesspiegels hat nicht nur die Schulaufsicht zahlreiche Hilferufe aus dem Kollegium entsorgt. Vielmehr versandeten auch die Bemühungen, mittels der Beschwerdestelle der Bildungsverwaltung die Probleme zu lösen: Die Beschwerdebeauftragte könne „sich nicht an Beschwerden zu Tagore erinnern“, teilte Thorsten Metter, Referatsleiter bei der Bildungsverwaltung, auf Anfrage mit.

Allerdings liegen dem Tagesspiegel Unterlagen und ein Gesprächsprotokoll vor, wonach es am 30. Januar und 1. Februar 2019 je ein Telefonat mit der Beschwerdebeauftragten in der Bildungsverwaltung gegeben hatte. Die betreffende Lehrkraft, die sich beschwerte, hat demnach am 31. Januar auch Unterlagen gemailt, die über die Probleme Aufschluss geben sollten. Von all dem fehlt jede Spur, wenn man Metter folgt.

Dass die Lehrkräfte gegenüber dem Tagesspiegel zum jetzigen Zeitpunkt die damaligen Beschwerden thematisieren, hat damit zu tun, dass sich inzwischen Schüler und Elternvertreter mit Brandbriefen gemeldet haben. Immer ging es um die Amtsführung der Schulleiterin. Sie war bereits vor rund sechs Jahren bei einer Schulinspektion negativ aufgefallen.

Damals hatte sie noch an der Lankwitzer Bröndby-Sekundarschule die Schulleitung inne und war zwischenzeitlich nach Tagesspiegel-Informationen sogar vom Dienst suspendiert. Dazu gibt Metter keine Auskunft, da es sich um eine „Personaleinzelangelegenheit“ handele.

Unabhängig von der Suspendierung ist aber durch die Berichte der Schulinspektionen bekannt, dass die Leiterin bei beiden Inspektionen als zentrales Problem eingestuft wurde.

Problem Nummer eins: Die Schulleitung

Im Bericht der Bröndby-Schule wurden zwei von vier Beanstandungen mit der Schulleitung in Verbindung gebracht. Es fehlten demnach „tragfähige Kommunikationsstrukturen“ sowie ein „Informationsfluss in der Schulleitung und zwischen Schulleitung und Kollegium“. Auch ein „strukturiertes und transparentes Schulleitungshandeln mit klaren Schwerpunkten, Zielen und Verantwortungsbereichen“ wurde vermisst – mithin ein Großteil des Spektrums, das eine Schulleitung beherrschen muss.

Im Tagore-Bericht taucht die Schulleitung ebenfalls an erster Stelle bei der Problembenennung auf – und wieder ging es um die fehlende „Verständigung auf verlässliche und transparente Kommunikations- und Arbeitsstrukturen, die die konstruktive Zusammenarbeit zwischen der Schulleiterin und dem Kollegium sichern“.

  • Hier geht es zum Inspektionsbericht der Bröndby-Schule von 2015 (PDF-Datei)
  • Hier geht es zum Inspektionsbericht des Tagore-Gymnasiums von 2019 (PDF-Datei)

Während die Berichte der Schulinspektionen mitunter etwas verklausuliert ausfallen, um Schulleitungen eine Gesichtswahrung zu ermöglichen, drückten sich Schüler und Eltern am Tagore-Gymnasium weniger zurückhaltend aus. Wie berichtet hatten die diesjährigen Abiturienten geschrieben, ihre Schulleiterin wirke „unorganisiert, unkoordiniert und überfordert“ und werde als „desinteressiert“ wahrgenommen. Die Elternvertretung trug diese Beschreibung ausdrücklich mit und beklagte, die Schulleiterin kommuniziere „herablassend, anklagend und den Schüler:innen sowie Elternvertreter:innen gegenüber ausfallend“.

Bildungsstaatssekretärin Beate Stoffers war bis Anfang 2019 Sprecherin von Senatorin Sandra Scheeres (beide SPD).

© Davids/Sven Darmer

Anlässlich der Briefe von Schülern und Eltern hatte der CDU-Abgeordnete Dirk Stettner im März wissen wollen, über welchen Zeitraum und bezogen auf welche Problemstellungen dem Senat „Beschwerden aus der Schulgemeinschaft des Tagore-Gymnasiums“ vorlägen.

Lückenhafte Antworten der Staatssekretärin

In der Antwort von Bildungs-Staatssekretärin Beate Stoffers (SPD) hieß es, dass „Einzelbeschwerden“ seit November 2020 an die Schulaufsicht herangetragen worden seien. Die hätten sich auf „Schulleitungshandeln und Kommunikationswege“ bezogen. Unterlagen zu Beschwerden aus vergangenen Schuljahren lägen „in der Schulaufsicht nicht vor“.

Was auffällt: Der Umstand, dass die Beschwerdestelle 2019 involviert war, fehlt in Stoffers Antwort, obwohl Stettner nicht nur nach Beschwerden bei der Schulaufsicht gefragt, sondern seine Frage weiter gefasst hatte. Zudem ließ sie unerwähnt, dass die Schulaufsicht sehr wohl in den Vorjahren involviert war, und dass die Unterlagen nur deshalb „nicht vorliegen“, weil sie entsorgt worden waren, wie die Bildungsverwaltung in der Vorwoche auf Anfrage hatte einräumen müssen.

Die Schulleiterin selbst äußert sich nicht, sondern lässt ihren Anwalt Jens Brückner antworten, der alle Vorwürfe zurückweist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false