zum Hauptinhalt

Berlin: Kontrollen rund um die Uhr

Experten können sich nicht erklären, wie schlechtes Fleisch in Umlauf geriet

Während über die politische Verantwortung für den neuesten Gammelfleischskandal gestritten wird, scheint die Branche in Ratlosigkeit darüber vereint, wie immer wieder schlechtes Fleisch in Umlauf gerät. Klar ist in diesem Fall lediglich, dass das fragliche Putenfleisch aus Italien kam und von Kontrolleuren des Bezirks im Großmarkt Moabit beanstandet wurde.

Simone Schiller arbeitet als Geschäftsführerin der Berliner Fleischerinnung auf dem Großmarktgelände in der Beusselstraße. „Rund um die Uhr sind Veterinäre vom Amt hier“, berichtet sie, „die kontrollieren unangemeldet, auch nachts“. Angesichts der enormen Mengen – „die 95 Tonnen füllen nur eine Ecke im Tiefkühlhaus“ – seien aber auch diese häufigen Kontrollen nur Stichproben. „Ich glaube jedoch nicht, dass es einen Fehler im System gibt“, sagt Schiller. In Deutschland werden nach Auskunft der Innungschefin alle Fleischsorten in gleichem Maße kontrolliert: Ein Amtstierarzt prüfe jedes Schlachttier, in Zerlegebetrieben hänge die Kontrolldichte von der Größe des Unternehmens ab.

Die immer neuen Vorfälle führt sie auf kriminelle Energie, Inkompetenz und Preisdruck zurück. Umgekehrt müsse die Qualität jedoch nicht unbedingt mit dem Preis steigen: „Es kommt eher darauf an, wo man kauft“. Das ausgebildete Personal in Fachgeschäften dürfte problematische Ware am ehesten bemerken und beim Lieferanten reklamieren.

Dass bei Gammelfleisch oft von Dönern die Rede ist, finden nicht nur die Betroffenen ungerecht: Regina Kneiding, Sprecherin der Gesundheitsverwaltung, berichtet von einem kritischen ZDF-Bericht, woraufhin im September Dönerläden in allen Bezirken kontrolliert worden seien. Fazit: „Die waren alle ohne Beanstandung – beim Fleisch ebenso wie beim Gemüse.“

Ein Insider vermutet, dass Dönerfleisch wegen fehlender Fachkenntnisse von Händlern und Verkäufern anfälliger für Probleme ist als andere Sorten. Dieses Problem ist zwar erkannt, aber in Berlin noch nicht gelöst.

Hamburg geht mit gutem Beispiel voran: Ertan Celik, einer der größten Dönerproduzenten der Region, berichtet von einer Fortbildung bei der Fleischerinnung, die als Konsequenz aufgrund früherer Skandale entstanden sei: Sechs Stunden pro Woche würden Dönerhändler jetzt zu Ware und Vorschriften geschult. Ein halbes Jahr soll der Kurs laufen, zu dem er zehn seiner 51 Mitarbeiter geschickt habe – mit Aussicht auf Zertifikat und Imagegewinn. Was Hamburg schon hat, wünscht sich die Innungschefin auch für Berlin: „Bei uns ist kein Dönerproduzent Mitglied, was ich schade finde“, sagt Schiller. Man wolle sich künftig stärker um die türkischen Kollegen bemühen.

Dönerfabrikant Celik glaubt, dass auch Vorurteile eine Rolle spielen: „Nach dem Motto, die Türken nehmen es nicht ganz so genau.“ Warum immer wieder belastetes Fleisch in Umlauf gerate, „kann ich mir auch nicht erklären, denn mehr Kontrollen kann es gar nicht geben. Wir werden ständig und überall geprüft, oft mehrmals täglich.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false