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Berlin: Krampnitz-Affäre: Prüfer widersprechen Platzeck

Rechnungshof stellt in Geheimbericht zu Kasernenverkauf erheblichen Schaden für das Land fest

Potsdam - In der Affäre um den Verkauf des Kasernengeländes in Potsdam-Krampnitz vom Land an einen dubiosen Investor ist Brandenburg doch ein Millionen-Schaden entstanden. Zu diesem Urteil kommt der Landesrechnungshof Brandenburg in einer Stellungnahme, die am heutigen Dienstag dem Haushaltskontrollausschuss des Landtages vorgelegt wird. Damit bestätigt der Rechnungshof entsprechende, von der Landesregierung bislang dementierte Tagesspiegel-Recherchen.

Der vertrauliche Bericht ist so brisant, dass sich das Gremium auf Bitten des Rechnungshofes nur hinter verschlossenen Türen damit befassen soll. Auf mehr als 40 Seiten widerlegen die Rechnungsprüfer Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Der hatte, als der Skandal durch Recherchen des „Stern“ und des Tagesspiegels aufgedeckt worden war, betont, dass dem Land beim Krampnitz-Deal kein Schaden entstanden ist.

Der Bericht befeuert zudem den von der Landtagsopposition einberufenen Untersuchungsausschuss, der sich ab Freitag mit der Immobilienaffäre und den Umständen der Privatisierung der bis 2006 landeseigenen Brandenburgischen Boden Gesellschaft (BBG) befasst. Auch die Staatsanwaltschaft Potsdam hat angekündigt, den Bericht einsehen zu wollen. Der Rechnungshof listet auf 40 Seiten detailliert Verfehlungen bei dem 2007 ausgehandelten Deal um das 112 Hektar große Kasernenareal auf. Demnach haben die Prüfer „erhebliche Zweifel daran“, dass das Finanzministerium und die private BBG „bei der Veräußerung der Liegenschaft die Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit“ beachtet haben. Die Kaufverträge wichen „zum Teil erheblich zu Ungunsten des Landes“ von den Musterverträgen der BBG ab. Auch bei der Ermittlung des Kaufpreises sehen die Rechnungsprüfer Fehler.

Zudem habe das Ministerium, damals geführt vom kürzlich als Innenminister zurückgetretenen SPD-Politiker Rainer Speer, die „Aufsichts- und Kontrollrechte gegenüber der Geschäftsbesorgerin BBG nur unzureichend“ wahrgenommen. Die frühere Landesfirma vermarktet frühere Militär-Immobilien im Auftrag des Landes. Die BBG-Geschäftspraxis ist umstritten, ebenso wie die Umstände des Firmenverkaufs an einen Speer-Vertrauten im Jahr 2006 und der Kaufpreis selbst. Der Landtag war irreführend informiert worden, weshalb sich der Untersuchungsausschuss damit befassen wird. Der Rechnungshof bestätigt nun im Wesentlichen Tagesspiegel-Recherchen, wonach sich BBG und das Land beim Krampnitz-Deal nur unzureichend über die Bonität der Käufer informiert haben. Das Gelände war 2007 für 4,1 Millionen Euro an ein Firmengeflecht um den Hannoveraner Anwalt Ingolf Böx verkauft worden. Für den Rechnungshof dagegen müsste der Preis nach Auswertung zweier Gutachten um 10 Millionen Euro höher ausfallen.

Der Landtag und Speer selbst waren damals von der dänischen Thylander-Gruppe als Käufer ausgegangen. Sogar die zuständige Liegenschafts-Referatsleiterin Iris-Andrea Stelzig hatte kürzlich noch erklärt, dass für das Finanzministerium die Thylander-Gruppe immer noch hinter der Böx gehörenden Käuferfirma TG Potsdam steht. Nun bestätigt der Rechnungshof, dass es eben k einen Hinweis darauf gibt, dass das Land und das dänische Unternehmen „in einer vertraglichen Beziehung“ stehen. Stattdessen fand die Behörde Hinweise im Kaufangebot von Böx, die auf Betrug hinweisen.

Neue Erkenntnisse rücken zudem die BBG weiter ins Zwielicht. Obwohl die Bank der Kasernen-Käufer Ende 2009 vom Vertrag zurücktrat, informierte die BBG das Land nicht darüber. Vielmehr verstieß das Unternehmen laut Rechnungshof gegen Beschlüsse des Landtags, wonach das Gelände als Ganzes vermarktet werden soll: Die BBG habe die Verträge geändert, so dass Teile des Grundstücks verkauft werden können.

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