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Kreuzberg: Protest aus der Hütte

Mieter am Kottbusser Tor klagen über teure Wohnungen. Jetzt wohnen sie im Wechsel in einer Bretterbude.

Zwischen den Miethausblöcken am Kottbusser Tor steht eine neue Holzhütte. „Das ist ein Gecekondu“, der türkische Begriff bedeute „nachts hingebaut“, erklärt Anwohner Serhat Karakayali. „Und nach altem osmanischen Recht gilt: Ein Haus, das über Nacht errichtet wird, darf stehen bleiben.“

Anwohner haben das Häuschen errichtet. Seit vergangenem Sonnabend wohnen sie schichtweise in dem Holzverschlag, um gegen die hohen Mieten in ihren Wohnungen zu protestieren. Ein Jahr lang hätten sie Unterschriften gesammelt, doch niemand habe ihnen zugehört, sagen sie. Nun campieren sie eben auf dem Bürgersteig. „Wir bleiben so lange, bis unsere Mieten runtergehen“, sagt Mitorganisatorin Ulrike H. Aus Angst vor einer Kündigung möchte sie ihren Nachnamen nicht nennen.

Die Kreuzberger Mietergemeinschaft „Kotti & Co“ sieht sich als Vertreter der Anwohner, die in rund 1000 Wohnungen südlich des Kottbusser Tors wohnen. Im vergangenen Jahr seien die monatlichen Mieten dort im Durchschnitt um 80 Euro gestiegen. „Das ist für die Bewohner eine oft existenzbedrohende Situation. Wir haben hier viele Rentner und Migranten“, sagt Alexander K. Das Problem liegt laut der Initiative in der fehlenden Mietdeckelung. Während im Norden des Kottbusser Tores der Quadratmeter Kaltmiete 5 Euro koste, seien es bei ihnen schon 6 Euro. Das verdränge sozial Schwache, die seit Jahrzehnten hier leben. Anwohnerin Fatma Z. schildert, dass die Mieten im sozialen Wohnungsbau selbst den Sozialbehörden zu hoch seien. Das Jobcenter fordere, die „Kosten der Unterkunft“ zu senken: Nehmt euch einen Untermieter, zahlt den Rest drauf oder zieht an den Stadtrand.

Eigentümer der Wohnungen sind die 2004 privatisierte GSW und die Admiral-Grundstücks GmbH/Hermes-Hausverwaltung. Beide halten sich bedeckt. „Wir äußern uns zu dem Thema momentan gar nicht“, sagte ein GSW-Sprecher. „Kotti & Co“ beklagt, dass es mit beiden keinen Dialog gebe. Nun sucht die Initiative das Gespräch mit dem Senator für Stadtentwicklung, Michael Müller. Sie fordert eine soziale Richtsatzmiete von 4 Euro netto kalt und langfristig die Rekommunalisierung des sozialen Wohnungsbaus. Doreen Fiedler

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