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Berlin: Kritik nach Keimbefall

Auch in Potsdam sind Frühchen betroffen – auch hier wurde die Öffentlichkeit spät informiert.

Potsdam - Nach dem Befall von acht Frühgeborenen mit Darmkeimen im Potsdamer „Ernst von Bergmann“-Klinikum geraten die Verantwortlichen unter Druck und verteidigen das Krisenmanagement. Das Potsdamer Gesundheitsamt räumte am Dienstag ein, erst nach drei Wochen die zuständige Landesbehörde darüber informiert zu haben. Zur Begründung hieß es, dass erst Laborergebnisse zum Subtyp des Darmkeims abgewartet werden mussten und daran keine Kinder erkrankt waren. Bis heute gebe es in dem Fall - es ist im Land Brandenburg seit Jahren der erste – keine Meldepflicht. Zugleich ist der Keimbefall aber gefährlicher als noch am Vortag verlautbart. Erst drei Wochen nach dem Fund der Keime und der daraufhin verhängten Quarantäne auf der Station war am Montag erstmals die Öffentlichkeit über den Fall informiert worden, was alle Parteien in Brandenburgs Landtag kritisieren.

Gerade an Frühgeborene dürfen keinerlei Keime heran. Ihre Körperoberfläche sei normalerweise steril, sagte Hubertus Wenisch, medizinischer Geschäftsführer des Klinikums. Trotzdem war bei acht Frühchen Ende Oktober ein Enterobacterium festgestellt worden. Eine Infektion damit gerade bei Säuglingen könne lebensgefährlich sein, sagte Laborleiter Axel Kola vom Nationalen Referenzzentrum für Krankenhaushygiene (NRZ), dem Tagesspiegel. Das Zentrum sammelt Daten von rund 1000 deutschen Krankenhäusern.

Unter Quarantäne sind auf der Potsdamer Station weiter sechs Frühgeborene, auf deren Körpern Keime der Enterobacter-cloacae-Gruppe siedeln. Wie sie dorthin kamen, ist immer noch unklar. Die Bakterien können Lungen-, Wund- oder Harnwegsinfektionen auslösen. Gelangen sie etwa über eine Infusion direkt ins Blut, droht eine Blutvergiftung. Dass die Kinder jetzt noch eine Infektion erleiden, sei „nicht sehr wahrscheinlich“, sagte Klinik-Geschäftsführer Wenisch. Allerdings könne man die Keime vom Körper nicht entfernen, die Kinder nicht mit Aseptikum desinfizieren. Käme es zu einer Infektion, könne diese mit Antibiotika bekämpft werden, hieß es.

Laut NRZ-Laborleiter Kola sind die Enterobacter ähnlich gefährlich wie die zur gleichen Familie gehörenden Serratien, die bei dem im Oktober an der Berliner Charité gestorbenen Frühgeborenen gefunden worden waren. An der Charité sind weiterhin sechs Frühgeborene mit einer Serratien-Infektion in Behandlung, sechs weitere sind von den Keimen besiedelt. Infektionen mit Enterobactern kommen laut Kola seltener vor als mit Serratien. Sie seien aber häufiger resistent gegen Antibiotika. Das Potsdamer Bergmann-Klinikum hatte Glück, dass das nicht der Fall war. Es gehört zu zwölf von 131 Kliniken in Berlin und Brandenburg, die eine Hygiene-Fachabteilung samt Chefarzt haben. Bei Routine-Kontrollen war der Befall festgestellt worden. Th. Metzner,

S. Schicketanz und M. Zschieck

Th. Metzner[S. Schicketanz], M. Zschieck

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