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Berlin: Kugelhagel zwischen Brombeersträuchern

Heinz E. feuerte auf den Nachbarn, dann tötete er sich selbst. Es war ein Streit am Gartenzaun

Das Päckchen mit Dübeln liegt noch da. Neben der Treppe vor der Eingangstür des Einfamilienhauses in der Reinickendorfer Glaskrautstraße. Jochen Lehmann, 45, war am Samstagabend gerade auf dem Weg aus dem Schuppen, um die Dübel aus dem Haus zu holen – da hörte er die Stimme seines Nachbarn am Gartenzaun: „Herr Lehmann“, soll Heinz E., 65, ihn von drüben gerufen haben. Lehmann drehte sich um. „Ich schaute direkt in den Doppellauf einer Schrotflinte, mit der mein Nachbarn auf mich zielte.“

Er habe sich gerade noch auf den Boden werfen können, sagt der Heizungsinstallateur, dann schoss – wie in einem Teil unserer Auflage berichtet – der Rentner auf ihn. Die erste Ladung flog über ihn hinweg, mit der zweiten Ladung wurden „Schulter, Arm und Nacken“ getroffen, sagt Lehmann. 70 Bleikugeln habe er seitdem in seinem Körper, sagt er. Am Montag will er sie rausoperieren lassen. Lehmann lief zu seiner 13-jährigen Tochter Cathrin ins Haus, um die Polizei zu alarmieren. Währenddessen ging auch der Rentner Heinz E. zurück in sein Haus und tötete sich selbst durch einen Kopfschuss einer Schreckschusswaffe. Das berichtet die Polizei später. Soweit das Ende der Geschichte. Aber wie fing sie an?

Jochen Lehmann steht in seinem Garten und erzählt, was aus seiner Sicht zuvor passiert war. „Als ich die Äste meiner Apfelbäume einsammelte, hörte ich E. meckern, dass diese von seinem Brombeerstrauch auf seinem Grundstück stammen.“

Lehmann habe in der Tat einmal Brombeerzweige geschnitten, die von E.s Grundstück bis in seinen Garten herüberragten. „Das ist aber schon drei Monate her.“ Doch E. scheint sich am Samstag genau darüber aufgeregt zu haben. Plötzlich sei er „auch noch auf die Idee gekommen, „dass ich seinen Kiefernbaum fällen will“, schildert Lehmann. „Hängen Sie doch an jeden Ast ein Schild“, habe Lehmann dem Rentner zugerufen. „Wenn Sie mein Grundstück betreten, erschieße ich Sie“, soll es von E. zurückgeschallt haben. Lehmann: „Ach, Sie haben Waffen? Dann werde ich mal die Polizei vorbeischicken.“

Das soll alles gewesen sein, was sich in den rund zwei Stunden vor der Schießerei abgespielt hat. Lehmann beteuert: „Sonst habe ich nie viel mit E. zu tun gehabt.“ In E.s Haus in der Bilsenkrautstraße, dessen Grundstück an Lehmanns grenzt, habe E. allein gelebt. Als Wachmann für die Amerikaner soll er früher während der Besatzungszeit gearbeitet haben. „Vielleicht stammen die Waffen aus dieser Zeit“, spekuliert Lehmann.

Im Haus des toten Rentners stehen die Fenster offen. Es riecht ein wenig nach Tankstelle. Ja, er habe kurz vor seinem Selbstmord noch Benzin im Haus ausgegossen, sagt ein Polizeibeamter. Doch dann hat er zur Pistole gegriffen.

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