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Krawallkunst. Olaf Metzels Skulptur steht jetzt nahe der Oberbaumbrücke.

© imago/Jürgen Schwarz

Kunst und Krawall: Rätselraten um fast verschwundene Absperrgitter

Drei Unbekannte wollten Absperrungen am Hermannplatz abbauen und angeblich zum Oranienplatz bringen. Die Polizei untersagte das. Eine Glosse

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose“ – das wissen wir dank Gertrude Stein, aber was ist ein Absperrgitter? Das ist nicht mehr so leicht zu beantworten. Zu vielseitig ist der Verwendungszweck für die bekannten, für offiziellen Gebrauch meist rot-weiß lackierten Gebilde aus Metallrohren und Scharnieren, mitunter geht auch Drahtgeflecht in die Produktion ein, zwecks höherer Stabilität.

Der erste Zweck ist bereits durch den Namen erfasst: Es soll etwas abgesperrt, das eine vom anderen getrennt werden, mehr symbolisch als faktisch – solch ein Gitter ist kein Zaun und daher schnell überwunden. Und man wird hier ebenfalls ohne Widerspruch festhalten können, dass die in der Nacht zu Sonntag auf einem Bürgersteig am Hermannplatz Ecke Sonnenallee abgestellten Gitter ihrer Bestimmung am Abend des 1. Mai harrten, um dann den revolutionären Massen den rechten Weg zu weisen.

Schon schwieriger wird die Deutung eines Geschehens, in dessen Mittelpunkt die besagten Absperrmittel gegen 1.20 Uhr am Sonntag rückten. Ein Augenzeuge hat den Vorgang der Redaktion detailliert beschrieben, weitere Quellen gibt es nicht. Jedenfalls soll zu genannter nächtlicher Stunde ein Lieferwagen, möglicherweise das Firmenfahrzeug eines kleinen Umzugsunternehmens, vorgefahren sein, dessen drei Insassen in aller Ruhe begannen, die Absperrgitter aufzuladen.

Das muss das Misstrauen einiger am Platz postierter Polizisten erweckt haben, jedenfalls begaben sich zwei Beamte zu den Männern und fragten nach dem Zweck ihres Treibens. Wie der Augen- , in diesem Fall auch Ohrenzeuge mitbekam, rechtfertigten die Männer dies mit einem angeblichen Auftrag, die Gitter zum Oranienplatz zu transportieren, was zwar angesichts des bevorstehenden Myfests einleuchtend klang, die Beamten aber nicht überzeugte und zu Nachfragen bei Kollegen veranlasste. Wie auch immer die Auskunft ausfiel: Jedenfalls forderten sie die Männer auf, die Gitter wieder abzuladen, was diese widerspruchslos taten. Die Polizisten kontrollierten noch deren Papiere und ließen sie ziehen.

Bei der Polizei war dazu am Sonntag nichts zu erfahren, bei den an sich zuständigen Abschnitten war der Vorgang weder erinnerlich noch aktenkundig geworden. So bleibt nur die Spekulation, welche Funktion metallene Gitter denn außer dem Absperren und Trennen noch finden könnten. Nun wird ja aus jedem Metall irgendwann Altmetall, manchmal später, manchmal auch früher, hat auch dann noch seinen Wert. Und selbst Gitter haben nicht nur Trennendes, sondern auch Inspirierendes, sofern sie zu Kunstwerken veredelt werden wie die Skulptur „13.04.1981“, Olaf Metzels umstrittener Beitrag zum Berliner Skulpturenboulevard 1987 auf dem Joachimsthaler Platz, die heute die Spreespeicher in Friedrichshain ziert: Überdimensionierte Absperrgitter in Rot-Weiß, dazu zwei Einkaufswagen. Im Titel erinnern sie an eine Randale auf dem Kurfürstendamm, bei der 200 Schaufensterscheiben zu Bruch gingen.

Wie auch immer: Der Vorgang bleibt rätselhaft, wie so vieles im Leben. Sollte eine Replik des Metzel’schen Kunstwerks entstehen, ein Plagiat gar? Aber wozu? Als Menetekel? Eine heikle Frage, dornenreich wie Gertrude Steins Rose.

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