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Touristen rollen an. Berlin ist das drittliebste europäische Ziel von Städtereisenden – hinter London und Paris, vor Rom.Foto: M. Hitij/dapd

© dapd

Berlin: Ländliches Leben und hauptstädtische Provinz

Berlin und Brandenburg werben gemeinsam um Gäste. Tourismus-Chef hält Kreuzberger Debatte für fatal

Berlin - Die erfolgsverwöhnten Berlin- Werber reagieren gereizt auf die Debatte, wie viel Tourismus die Berliner Kieze vertragen. „Da meldet sich die tiefste Berliner Provinz zu Wort“, sagte Burkhard Kieker, Chef des Marketingunternehmens Visit Berlin. Die fühle sich durch die mediale Aufmerksamkeit für ihre Bedenken noch geehrt. „Durch solche fahrlässigen Diskussionen wird der außerordentlich gute Ruf Berlins als Reiseziel aufs Spiel gesetzt“, sagt Kieker und warnt vor einer „gefährlichen Spirale“. Zuerst würde das in einem einzigen Kiez begonnene Thema zu einer Gesamtberliner Angelegenheit. Danach meldeten sich die Hauptstadtjournalisten in ihren Magazinen und Zeitungen zu Wort, bis es dann auch international aufgegriffen werde. „Schnell könnte sich dann im Ausland die Vermutung durchsetzen, in Berlin seien Touristen nicht mehr ganz so willkommen wie bisher“, sagt Kieker. Deshalb müsse die von einer „absoluten Minderheit“ losgetretene Diskussion schleunigst beendet werden.

Wie berichtet, hatten die Grünen in Kreuzberg am Montag mit einer Veranstaltung unter dem Titel „Hilfe, die Touris kommen“ eine Debatte über die in einigen Stadtvierteln stark angestiegene Zahl von Gästen ausgelöst. Darin äußerten Anwohner ihren Unmut über Lärm, Gedränge und die wachsende Zahl von Ferienquartieren in Mietwohnungen.

„Wir müssen vor allem die positiven Aspekte des Tourismus für die Stadt hervorheben“, verlangte der Berliner Wirtschaftsstaatssekretär Jens-Peter Heuer am Freitag vor Journalisten. „Die im Vorjahr registrierten 20,8 Millionen Übernachtungen und die 9,1 Millionen Gästeankünfte sicherten immerhin 232 000 Arbeitsplätze im Tourismus.“ Jeder Tourist, der in der Stadt übernachtet, gibt im Schnitt 196,70 Euro pro Tag aus. Bei Tagungs- und Kongressteilnehmern sind es sogar 245 Euro.

Schon in der kommenden Woche kann Berlin wieder mächtig Werbung in eigener Sache machen. Auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) bestücken Hoteliers, Kulturveranstalter und Marinas erstmals gemeinsam mit Ausstellern aus Brandenburg eine komplette Halle.

Längst vergessen sind die Zeiten, als Berlin gönnerhaft auf eine eigene ITB-Präsenz verzichtete. „Damals hieß es, die ganze Stadt Berlin sei ein Aussteller“, erinnerte Visit-Berlin-Chef Kieker. „Aber Berlin muss auch auf der Messe selbst Flagge zeigen, und wir machen das sehr gern mit Brandenburg.“ Denn die internationale Vermarktung der Hauptstadtregion mache sich gerade dank des Hinweises, dass ein paar Kilometer hinter dem Stadtzentrum schon die ländliche Idylle beginne, sehr gut. Das gebe es in kaum einer anderen Metropole.

Der oberste Brandenburger Tourismuswerber wiederum setzt auf das touristische Zugpferd Berlin. „In der Auslandswerbung docken wir uns an die Großstadt an“, sagte Dieter Hütte, Chef der Brandenburg Tourismus Marketing GmbH. „Viele Touristen schätzen aber gerade den Wechsel zwischen der Brandenburger Ruhe und dem Treiben in Berlin.“ Inzwischen könnten auch alle märkischen Regionen bedenkenlos für Ausländer empfohlen werden. „Es gibt keine „No-go-Areas mehr – wenn das auch täglicher Anstrengungen bedarf.“ Nächstes Zeichen der Berlin-Brandenburger Zusammenarbeit soll das gemeinsam betriebene Willkommenszentrum auf dem neuen Flughafen Schönefeld sein.Claus-Dieter Steyer

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