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Berlin-Pankow: Alleingelassene Kinder bleiben im Heim

Das Pankower Jugendamt hält die Mutter der vier vernachlässigten Kinder für überfordert. Sie sollen deshalb nicht aus dem Heim genommen werden. In Charlottenburg-Wilmersdorf kooperieren erstmals Schulen und Jugendämter.

Die vier Pankower Kinder, die monatelang allein in einer verdreckten Wohnung leben mussten, werden wohl nicht so bald zu ihrer Mutter zurückkehren. „Sie wohnen weiterhin in einer Heimeinrichtung“, teilte Pankows Jugendstadträtin Christine Keil (Linkspartei) auf Anfrage mit. Die Mutter habe weiterhin „Unterstützungsbedarf“. Die Kinder werden seit inzwischen vier Monaten im Heim betreut und leben zusammen in einem Zimmer. Sie fuhren auch gemeinsam in Urlaub. Dort durfte ihre Mutter sie auch besuchen. Auch im Heim habe die Mutter jederzeit Gelegenheit zu einem Besuch.

Der Pankower Fall zeigt, wie langwierig und schwer lösbar die Probleme sein können, mit denen es die Jugendämter in Berlin zunehmend zu tun haben. Allein in Neukölln stieg die Zahl im ersten Halbjahr 2007 um elf Prozent. 2006 wurden in Charlottenburg-Wilmersdorf 160 Fälle registriert, 2007 wird mit einer Verdoppelung gerechnet. Als Ursachen werden die gestiegene Sensibilität in der Bevölkerung genannt und die neue Kinderschutz-Hotline. Dort können Beobachtungen auch anonym gemeldet werden.

„Wir hellen jetzt das Graufeld auf, das es immer schon gab“, sagt Neuköllns Jugendstadträtin Gabriele Vonnekold (Grüne). In vielen Fällen sei schnelles Handeln erforderlich. Im Jugendamt wurden vier weitere Sozialarbeiter-Stellen geschaffen, um die Arbeit zu bewältigen. Gleichzeitig seien die Finanzmittel im Bereich „Hilfen zur Erziehung“ für Neukölln um rund 2,5 Millionen Euro gekürzt worden. Für ganz Berlin stünden 319 Millionen Euro zur Verfügung – laut Vonnekold zu wenig, um die in allen Bezirken erhöhten Fallzahlen abzuarbeiten.

„Fast 100 Prozent der Meldungen, die uns erreichen, sind ernstzunehmen“, sagt Uta von Pirani, Leiterin des Jugendamts Charlottenburg-Wilmersdorf. Besonders häufig seien es junge Mütter, die mit ihren Kleinkindern überfordert seien. Als erster Bezirk hat Charlottenburg-Wilmersdorf eine Kooperation zwischen Schulen und Jugendämtern geschlossen, um bei Hinweisen von Vernachlässigung früher eingreifen zu können. „Für jede Schule wird es im Jugendamt einen festen Ansprechpartner geben“, sagt Jugendstadtrat Reinhard Naumann. Hintergrund ist das vom Senat angestoßene Projekt „Netzwerk Kinderschutz“, in das Kitas, Schulen, Jugendämter und Kinderärzte enger eingebunden werden, um Informationen auszutauschen und Hilfskonzepte abzustimmen. Bestandteil dieses Netzwerkes ist auch die Kinderschutz-Hotline.

Durch die Hotline (Tel. 610066) konnte nach Senatsangaben bis Ende Juli 13 Kinder aus akuter Gefahr gerettet werden, in 217 Fällen wurden die Jugendämter eingeschaltet. In einem Fall ging es um eine junge Mutter, die ihr fünf Monate altes Baby schlecht ernährte und unregelmäßig ins Bett brachte.

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