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Exklusiv: S-Bahnvertrag soll offengelegt werden

Verkehrssenatorin Junge-Reyer legt sich mit der Deutschen Bahn an: Der umstrittene S-Bahnvertrag soll komplett und ungeschwärzt im Abgeordnetenhaus präsentiert werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Verkehrssenatorin Ingeborg Junge- Reyer (SPD) ist bereit, den umstrittenen S-Bahnvertrag im Abgeordnetenhaus komplett und ungeschwärzt offenzulegen. Das sagte sie am Dienstag dem Tagesspiegel. Die Senatorin riskiert in diesem Fall auch ganz bewusst einen Rechtsstreit mit der Deutschen Bahn, die der Mutterkonzern der S-Bahn GmbH ist. „Die Bahn hat erhebliche Einwände, den Abgeordneten vollständige Akteneinsicht zu gewähren“, bestätigte die Senatorin. Sie wolle es dennoch tun und habe der Bahn erst mündlich, dann schriftlich eine Frist bis zum 30. November eingeräumt, gegen die geplante Offenlegung Rechtsmittel einzulegen.

Den Antrag auf Akteneinsicht hatte der Grünen-Kreischef in Tempelhof- Schöneberg, Jürgen Roth, schon im August 2009 gestellt. Er berief sich auf das Informationsfreiheitsgesetz. Angesichts der massiven Probleme bei der S-Bahn hatte die Opposition dem rot-roten Senat mehrfach vorgeworfen, den Vertrag zwischen der S-Bahn GmbH und dem Land Berlin 2003 schlecht ausgehandelt zu haben. Die Vereinbarung gilt bis 2017 und sichert der S-Bahn jährliche Landeszuschüsse von 232 Millionen Euro ein.

Jetzt hat Junge-Reyer den Grünen-Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig und Claudia Hämmerling „nach sorgfältiger Abwägung“ mitgeteilt, dass sie den Verkehrsvertrag im Datenschutzraum des Landesparlaments ungeschwärzt einsehen können. „Das Papier enthält zweifellos Geschäftsgeheimnisse, aber die Abgeordneten sind juristisch zum Stillschweigen verpflichtet und gelten sicher nicht als wirtschaftliche Konkurrenten der Bahn AG“, sagt die Senatorin. Parlamentariern könne man auch zutrauen und zumuten, mit vertraulichen Informationen verantwortlich umzugehen.

Junge-Reyer beruft sich auf die Berliner Verfassung, die Abgeordneten ein umfassendes Recht auf Akteneinsicht einräumt. „Die Bahn wäre gut beraten, nicht darauf zu bestehen, Geschäftsgeheimnisse zu haben, die Parlamentarier nicht sehen dürfen.“ Die Verkehrssenatorin muss nun bis Ende November abwarten, ob die Bahn eine einstweilige Verfügung gegen die Offenlegung beantragt.

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