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Finanzsenator Ulrich Nußbaum.

© Mike Wolff

Finanzen: Berlin droht ein Sparprogramm des Bundes

Die Verhandlungen über ein vom Bund verordnetes Sparprogramm könnten in den Abgeordnetenhaus-Wahlkampf 2011 fallen. Für Senator Nußbaum bedeuten die Sozialkosten ein hohes Zusatzrisiko.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Senat rechnet damit, dass Bund und Länder der Hauptstadt ein fünfjähriges Sanierungsprogramm verordnen, damit die öffentlichen Finanzen wieder ins Gleichgewicht kommen. Denn seit April 2010 überwacht ein Stabilitätsrat unter dem Vorsitz des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) die Haushaltspolitik in ganz Deutschland, und wenn das Gremium zur Einschätzung kommt, dass einzelnen Ländern eine Finanznotlage droht, wird mit den Hungerleidern eine Haushaltssanierung vereinbart.

„Derartige Verhandlungen könnten Berlin bereits im Sommer 2011 bevorstehen“, steht in der neuen Finanzplanung, die der Senat in der vergangenen Woche beschloss. Ein Zeitpunkt, der für Rot-Rot sehr unpassend käme, denn er platzt mitten in den Wahlkampf. Im September 2011 wird das Abgeordnetenhaus neu gewählt. Bis zum 15. September dieses Jahres mussten alle Länder einen Stabilitätsbericht vorlegen. Der Bericht des Landes Berlin zeigt selbst nach Einschätzung der hiesigen Finanzverwaltung „Auffälligkeiten“, die mit Sicherheit zu einer gesonderten Überprüfung der Haushaltslage führen werden. Der Stabilitätsrat wird schon in seiner nächsten Sitzung Mitte Oktober darüber entscheiden.

Wenn diese Prüfung dazu führt, dass Berlin ein Sanierungsprogramm aufgebrummt wird, ist der Senat verpflichtet, geeignete Sparmaßnahmen festzulegen, um die Neuverschuldung abzubauen. Rechtliche Grundlage dafür ist die „Schuldenbremse“ im Grundgesetz. Demnach ist Berlin verpflichtet, bis 2020 ein „strukturelles Defizit“ im Landeshaushalt von mindestens 1,2 Milliarden Euro in gleichmäßigen Jahresraten abzubauen. Zwar schickt der Bund keinen Sparkommissar, aber der Stabilitätsrat kann ordentlich Druck machen. Notfalls wird ein zweites, verschärftes Sanierungsprogramm aufgelegt, wenn es im ersten Anlauf nicht klappt. Das Land bleibt unter Beobachtung und muss halbjährlich berichten.

Um Einnahmen und Ausgaben bis 2020 anzugleichen, müssen die Einnahmen Berlins nach Berechnung der Finanzverwaltung um durchschnittlich 0,8 Prozent pro Jahr wachsen, aber die öffentlichen Ausgaben dürfen jährlich nur um 0,3 Prozent erhöht werden. Der Bund rechnet noch strenger, wie aus dem Stabilitätsbericht Berlins hervorgeht. Demnach muss das Land die Ausgaben mindestens bis 2017 um 0,6 Prozent jährlich kürzen. Das heißt: Für die politische Gestaltung gibt es nur noch einen Spielraum, wenn die knappen öffentlichen Mittel umgeschichtet werden. Die Frage ist nur, zu wessen Vorteil und zu wessen Lasten?

Um die Schuldenbremse einzuhalten, muss der Senat schon bis 2013 etwa 600 Millionen Euro einsparen. Aber das ist noch nicht alles, denn in der Finanzplanung wird, wenn auch gut versteckt, ein zusätzliches Risiko von 220 Millionen Euro benannt. Das sind die explodierenden Sozialausgaben. Im 80 Seiten dicken Planwerk hat Nußbaum auch schon einige Sparvorschläge untergebracht.

Dazu gehören: Ein beschleunigter Personalabbau und weniger Neueinstellungen im öffentlichen Dienst. Die Rückführung der Unterhaltung öffentlicher Gebäude auf ein Mindestmaß, inklusive der Schul- und Sportanlagensanierung. Kräftige Kürzungen beim Geschäftsbedarf, Verbrauchsmitteln und Gebäudebewirtschaftung. Massive Streichungen bei Bauprojekten. Aber vor allem der Versuch, die Sozialkosten und Zuwendungen an freie Träger in den Griff zu bekommen.

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