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Ulirch Nußbaum ist nicht der erste Politiker, den sich Sarrazin nach seinem Abschied zum Gegner gemacht hat.

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Konflikt mit Nachfolger: Sarrazin kämpft um sein Vermächtnis - und gegen Nußbaum

Der frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin kritisiert in einem Brief an den Tagesspiegel eine "Kampagne" gegen sich. Seinen Nachfolger Ulrich Nußbaum warnt er vor Misswirtschaft.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Bundesbankvorstand und frühere Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) greift jetzt öffentlich den Amtsnachfolger Ulrich Nußbaum (parteilos) an. Sein politisches Erbe sei es, schrieb Sarrazin am Sonntag in einem Brief an den Tagesspiegel, das Berliner Haushaltsdefizit von 5,2 Milliarden Euro in einen Überschuss von 940 Millionen Euro und den Verlust der Landesunternehmen von 1,2 Milliarden Euro in einen Gewinn von 400 Millionen Euro verwandelt zu haben. „Dieses Erbe kann man weiter vermehren, man kann es aber auch verwirtschaften“, so Sarrazin. Dem Erfolgsdruck, den solch ein Erbe bedeute, entgehe man aber nicht, „indem man es bekrittelt oder herabsetzt“. Über den eigenen Erfolg entschieden am Ende nur die eigenen Leistungen. Diese Worte waren eindeutig an die Adresse Nußbaums gerichtet, der ebenso klar reagierte. „Die Aufgaben eines Finanzsenators sind vielfältig, aber politische Denkmalspflege gehört nicht dazu“, sagte Nußbaums Sprecher Daniel Abbou.

Anlass des zornigen Briefes, in dem Sarrazin auch das „kurze Gedächtnis“ der Öffentlichkeit, „im Besonderen der Presse“ kritisierte, war die Hausdurchsuchung von Polizei und Staatsanwaltschaft bei der Berliner Immobilien Holding (BIH). Unter anderem wird dem BIH-Chef Peter Hohlbein Untreue vorgeworfen. Als ehemaliger Geschäftsführer der landeseigenen Gesellschaft BCIA, die seit 2002 die milliardenschweren Finanzrisiken aus den Skandalimmobilien der Bankgesellschaft Berlin kontrolliert, soll er einem Vertrag zulasten des Landes Berlin zugestimmt haben. Hohlbein gilt als langjähriger Vertrauter Sarrazins, beide kennen sich schon aus leitender Stellung bei der Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TLG Immobilien). Von der aktuellen Berichterstattung zur BIH und dem Ermittlungsverfahren fühlt sich der Ex-Finanzsenator persönlich betroffen, da er von 2006 bis 2009 Aufsichtsratschef der Gesellschaft war, die die Immobilien der Bankgesellschafts-Fonds verwaltet. Sarrazin spricht von „Diffamierung“ und „Kampagne“. Schließlich habe er gemeinsam mit der BIH einen weitgehend ungeordneten Immobilienkonzern vollständig neu organisiert und den Schaden für das Land Berlin aus den Risikogarantien von 7,2 auf 4,2 Milliarden Euro verringert. „Es gibt überhaupt keinen Raum dafür, die Leistungen von Management und Aufsichtsrat in Frage zu stellen.“ Ausdrücklich stellte sich Sarrazin vor Hohlbein, auch ihm gelte seine „nachlaufende Fürsorgepflicht“. Der Bundesbanker kritisierte damit indirekt, dass der BIH-Chef damit rechnen muss, dass sein Vertrag nicht mehr verlängert wird.

Nußbaum ist nicht der erste Berliner Politiker, den sich Sarrazin seit seinem Abschied aus Berlin im Mai 2009 zum Gegner machte. Am Sonnabend hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Äußerungen des Parteifreunds zu Migranten und Hartz-IV-Empfängern verurteilt. Er halte es für Zynismus, „wenn einer mit einem Einkommen von 400 000 Euro Menschen mit wenig Geld sagt, sie sollten kalt duschen“. Zwar entging Sarrazin Mitte März einem Ausschluss aus der SPD, aber die Landesschiedskommission warnte ihn, dass seine Parteimitgliedschaft gefährdet sei. Auch der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), der selbst kein Blatt vor den Mund nimmt, warf dem Bundesbanker „teils nackten Rassismus“ und gezielte Provokationen vor. Obwohl er seit fast einem Jahr in Frankfurt/Main sitzt, kommt Sarrazin von Berlin offenbar nicht los. Im Untersuchungsausschuss zur Spreedreieck-Affäre wurde er schon zwei Mal angehört. Gegen ihn laufen Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem Golfclub Wannsee und Wohngeldleistungen für Hartz IV-Empfänger.

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