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Laube

© Rückeis

Lehrer: "Mogelpackung? Absurd!"

Erhard Laube, früherer Chef der Lehrergewerkschaft GEW, hat kein Verständnis für die Kritik an der neuen Lehrerbezahlung. Seiner Ansicht nach kann sich Berlin im bundesweiten Vergleich sehr gut sehen lassen.

Herr Laube, der Senat hat beschlossen, jungen Lehrern bis zu 1200 Euro mehr zu zahlen. Dennoch spricht die GEW von einer „Mogelpackung“, weil nicht alle Lehrer gleichermaßen profitieren. Ist die GEW ungerecht oder kann sie besser rechnen?



Was die GEW da behauptet, ist absurd und völlig unverständlich. Der Senat hat mehr draufgelegt als die GEW je gefordert hat. Gemäß dem von der GEW 2008 unterschriebenen Tarifvertrag erhalten Junglehrer circa 2600 Euro brutto, gemäß dem Senatsbeschluss vom letzten Dienstag 3850 Euro. Diese Lehrkräfte machen jetzt doch Luftsprünge vor Freude!

Aber es stimmt doch, dass Lehrkräfte sehr unterschiedlich profitieren: Nur die Anfänger in der untersten Erfahrungsstufe erhalten die vollen 1200 Euro zusätzlich.

Ja, die Anfänger in der untersten Erfahrungsstufe kommen in den Genuss der vollen 1200 Euro zusätzlich. Für den, der schon jetzt nach einer höheren Erfahrungsstufe bezahlt wird, ist der Gehaltssprung kleiner. Aber in jedem Fall ergibt sich ein Gehalt von monatlich rund 3800 Euro brutto. Damit kann Berlin sich im Bundesvergleich sehr gut sehen lassen. In keinem anderen Bundesland in Deutschland erhalten Junglehrer im Angestelltenstatus mehr. Berlin ist hier Spitze!

Erwarten Sie, dass Berlin jetzt die Lehrer halten kann, die überlegen, wegzugehen?

Wir bekommen von Schulleitern und Lehrern positive Rückmeldungen und sogar ungläubiges Staunen über die unerwartete Höhe der Gehaltsverbesserung. Ich denke, dass Berlin jetzt wieder konkurrenzfähig ist. Dennoch muss man sehen, dass bundesweit die Lehrerkonkurrenz bleibt. Um hier gegenzusteuern, erhöht Berlin ja auch die Zahl der Referendarsplätze um 300 auf ein neues Rekordniveau. Je mehr Lehrkräfte wir ausbilden, desto besser wird die Versorgung.

Noch immer verlassen Lehrer die Stadt, weil Berlin ihnen derzeit keine Stelle anbietet. Wie verträgt sich das mit Ihrer Warnung vor dem Lehrermangel?

Wir können jetzt noch nicht allen Lehrer Zusagen machen, weil die Höhe des Einstellungskontingents nicht feststeht.

Wie kommt das? Andere Bundesländer stellen doch auch jetzt schon für das kommende Schuljahr ein.

Wir werden künftig früher Einstellungskontingente festlegen. Nachdem wir zum letzten Schuljahr den Einstellungstermin schon auf den Juni vorgezogen haben, hoffe ich, dass wir in diesem Jahr Zusagen schon im März/April geben können.

Hamburg stellt viermal im Jahr ein. Warum macht Berlin das nicht auch?

Wir stellen schon zweimal jährlich und sogar laufend ein, wenn es beispielsweise wegen des Mutterschutzes nötig ist.

Viele junge Lehrer sind verärgert, weil sie noch immer keine Verträge über die 400 Euro haben, die sie eigentlich ab 1. Februar zusätzlich bekommen sollten.

Die Lehrkräfte müssen keine Sorge haben: Sie erhalten das Geld rückwirkend.

Baden-Württemberg bildet weniger Referendare aus, als es benötigt. Deshalb wirbt das Land jetzt im großen Umfang Lehrer aus Berlin ab. Wird Berlin in der Kultusministerkonferenz dagegen protestieren?

Es ist ärgerlich, wenn sich Baden-Württemberg in Berlin bedient, weil es seiner eigenen Verantwortung für die Lehramtsausbildung nicht nachkommt. Senator Zöllner wird Anfang März mit den Kultusministern über die Abwerbeversuche reden und versuchen, Wege zu finden, damit sich die Konkurrenzsituation nicht noch mehr verschärft. Vor allem will der Bildungssenator die Länder in die Pflicht nehmen, nicht Kostgänger – vor allem Berlins – zu sein, sondern selbst ihren Ausbildungsverpflichtungen nachzukommen.

Die Initiative „Verbeamtung. Jetzt“ beklagt, dass die Nachteile des Angestelltenstatus bei Weitem nicht ausgeglichen sind. So ist der Auslandsschuldienst für Beamte attraktiver. Zudem arbeiten die Angestellten in Berlin Seite an Seite mit Lehrern, die noch verbeamtet wurden. Das bedeutet, dass die eigenen Kollegen bei Krankheit oder Beförderungen bessergestellt sind.

Gewiss sind Beamte in manchen Bereichen bessergestellt. Es ist auch von Privilegien die Rede. Aber Berlin hat sich nun mal entschlossen, nicht mehr zu verbeamten, weil der Lehrerberuf keine hoheitliche Aufgabe ist.

Die Fragen stellte Susanne Vieth-Entus

Erhard Laube, 60, führte von 1989-99 die Lehrergewerkschaft GEW, war dann Schulrektor. Seit 2008 ist er in der Bildungsbehörde als Abteilungsleiter zuständig für 30 000 Lehrer.

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