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Leserbeitrag: Von Zehlendorf ins märkische Umland

Unsere Leserin Eva-Maria Birth lebt in Zehlendorf. Ihre Ausflüge bringen Sie hinter die Stadtgrenze ins märkische Umland, wo es viel zu entdecken gibt.

Vor der Wende stand ich manchmal ein wenig traurig vor der Knesebeckbrücke über dem Teltowkanal am Ende des Teltower Damms in Zehlendorf. Stacheldraht und viele Eisenteile verhinderten das Betreten der Brücke. Ich sah nur den Kirchturm von Teltow, den Schinkel gebaut hat und den Feininger 1918 gemalt hat. (Das Bild befindet sich in der Sammlung der Alten Nationalgalerie.) Der Teltowkanal ist an dieser Stelle die Grenze zwischen Berlin und Teltow, damals also zur DDR. Welche Freude, ab 1990 hinüber zu können, und das habe ich sehr oft gemacht, meistens mit dem Fahrrad.

Schon nach kurzer Zeit ist man in Teltow

Nach nur einigen hundert Metern ist man in der Altstadt von Teltow, steht auf dem Marktplatz und hat die Kirche vor sich. Inzwischen ist vieles renoviert und seit 1997 steht die Altstadt unter Denkmalschutz. Teltow wurde 1265 erstmals schriftlich erwähnt, dann auch 1375 im Landbuch Karl IV. Die Kirche soll ihren Ursprung schon im 12. Jh. haben. Das ist doch einen Ausflug wert.

Zum Vergleich: 1237 gilt als das Gründungsjahr Berlins, obwohl es damals noch die Doppelstadt Berlin-Cölln gab – 1987 feierte Berlin sein 750jähriges Bestehen, getrennt in West- und Ost-Berlin. Das ist aber nicht das einzige Ziel dicht hinter der Stadtgrenze in Zehlendorf. Radelt man vor der Knesebeckbrücke rechts ab auf dem asphaltierten Weg am nördlichen Ufer des Teltowkanals und dann weiter auf solch einem Weg am Buschgraben entlang, kommt man zur Machnower Straße dicht an der Stadtgrenze. In ihrer Verlängerung ist es der Zehlendorfer Damm in Kleinmachnow, hier gehen Zehlendorf und Kleinmachnow fast in einander über.

Am Teltowkanal. Eine Radtour im Berliner Süden.
Am Teltowkanal. Eine Radtour im Berliner Süden.

© Manfred Thomas

Die Hakeburg in Kleinmachnow

Der Zehlendorfer Damm ist eine grüne, schattige Straße mit teilweise breitem Rasenstreifen, auf dem im Frühling bunt die Krokusse leuchten. Dann kommt an einem kleinen Platz ein nettes Café und Restaurant „Machenow op´m Sande“, auf dessen kleiner Terrasse habe ich oft bei Kaffee und Kuchen gesessen, vor allem, nachdem Kaffeetrinken auf der Hakeburg nicht mehr möglich war. Ein kleines Stück weiter auf dem Zehlendorfer Damm kommt nämlich rechts das Eingangstor zur Hakeburg, etwa 900 Meter ansteigender Fahrweg führt hinter dem Tor hinauf auf den Seeberg, auf dem 1906/08 die „neue“ Hakeburg von einem Mitglied der großen Familie von Hake errichtet wurde.

Unterhalb der Hakeburg liegt der Machnower See, durch den der Teltowkanal fließt. Bis vor wenigen Jahren war die schöne Terrasse auf der Rückseite der Burg mit Blick auf den See zumindest am Wochenende bewirtschaftet, leider wurde diese Bewirtschaftung eingestellt – und jetzt ist alles Leben in der Burg erloschen. Man fand wohl keinen neuen Pächter oder Betreiber zu den gewünschten Konditionen. Nur noch als Filmkulisse dient die Burg manchmal – schade! - immerhin kann man noch den Weg hoch zur Burg begehen oder befahren und den Burghof betreten.

Die Hakeburg auf den Seeberg in Kleinmachnow.
Die Hakeburg auf den Seeberg in Kleinmachnow.

© Manfred Thomas

Einige Erläuterungen zur Hakeburg und der Familie von Hake: In Kleinmachnow, auch 1375 im Landbuch Karl IV. erwähnt, auf der Südseite des gleichnamigen Sees stand schon am Anfang des 14.Jahrhunderts eine feste Burg, die Anfang des 15.Jahrhunderts in den Besitz der Familie von Hake überging. Reste der alten Grundmauern sollen noch vorhanden sein. Später wurde an dieser Stelle, gegenüber der Dorfkirche von 1597, ein Schloss, oder besser gesagt ein repräsentatives Herrenhaus gebaut. Heute gibt es nur noch den mit einem Medusenkopf geschmückten Torbogen, das Medusentor, durch den man das Gelände, den Hof betreten konnte. In der Dorfkirche sind noch Gegenstände aus der Entstehungszeit der Kirche zu sehen, Gottesdienste und Veranstaltungen finden regelmäßig statt.

Prominente Gäste auf der neuen Hakeburg

Die neue Hakeburg wurde 1936 an die Deutsche Reichspost verkauft, der damalige Postminister Ohnesorge bewohnte sie mit Frau und Kindern. Auf dem Gelände ringsum wurde in etlichen Baracken geforscht, unter anderem in Richtung Fernsehen. Nach 1945 zog hier eine Parteihochschule der SED ein, in der auch Carola Stern wirkte, sie floh noch vor dem Mauerbau nach West-Berlin. Auch als Gästehaus der SED diente später die Hakeburg, unter anderen hielten sich hier Chruschtschow, Fidel Castro, Arafat und Gorbatschow als Gäste auf. Ab 1990 wurde hier Hotelbetrieb und Restaurant angeboten, wohl mehr oder weniger von der bisherigen Betreuungsmannschaft – Ähnliches war auch bei anderen Einrichtungen zu beobachten, zum Beispiel im Schloss Hardenberg. Ich war damals einige Male im Hakeburg-Restaurant und zum Kaffeetrinken in der Veranda. Dieser Betrieb wurde nach wenigen Jahren eingestellt, dann gab es nur noch die erwähnte Terrassenbewirtschaftung.

Stahnsdorf für Geschichtsinteressierte

Verlässt man den Hof der Hakeburg in westlicher Richtung über einen abschüssigen Waldweg kommt man zur Machnower Schleuse am Ende des Machnower Sees. Hier liegt das „Gasthaus zur Schleuse“ in einem denkmalgeschützten Haus mit großem Garten unter hohen Bäumen. Auch das war oft mein Ziel einer kleinen Radtour. Passiert man die Brücke an der Kleinmachnower Schleuse über den Teltowkanal, kommt man nach Stahnsdorf, auch ein altes Dorf, das 2014 seinen 750sten Geburtstag feierte. Bekannt ist vor allem der Stahnsdorfer Friedhof, er wurde 1909 als „landschaftlich gestalteter Zentralfriedhof“ angelegt, weil Berliner Kirchengemeinden nicht mehr genügend Platz für Gräber hatten.

Bekannte Architekten, unter anderen Max Taut, waren an der Gestaltung beteiligt. Die Friedhofskapelle wurde auch 1909 gebaut, nach norwegischem Vorbild. Es gibt hier eine Reihe von Gräbern bekannter Persönlichkeiten, genannt sei unter anderen Heinrich Zille, Lovis Corinth und die Familie Siemens. Diese oft kunstvoll gestalteten Grabmäler ziehen Spaziergänger und Geschichtsinteressierte an, es werden sogar Führungen angeboten auf dem weitläufigen Gelände. Von 1913 bis 1961 fuhr eine Friedhofsbahn von Wannsee bis zum Friedhofseingang, unter DDR-Herrschaft wurden aber Bahnhofsgebäude und Gleise demontiert.

Ich bin etliche Male von der Schleuse aus über die „Alte Potsdamer Landstraße“ am Friedhof entlang und weiter zum „Jagdschloss Stern“ geradelt und von dort über Steinstücken und Kohlhasenbrück nach Wannsee – auch eine schöne lohnende Tour.

Zehlendorf ist schön und grün und bietet viel, aber man sollte sich auch hinter der Stadtgrenze umsehen, es gibt dort Geschichte und Geschichten zu erleben.

Eva-Maria Birth

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