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Sauber. Das Tegeler Fließ war von einer Naturidylle zur Wasserwüste verkommen. Gerd Appenzeller berichtete im Newsletter aus Reinickendorf immer wieder darüber.

© Kai-Uwe Heinrich

Leute-Newsletter aus den Berliner Bezirken: Das bewegen wir in den Kiezen

In unseren Leute-Bezirksnewslettern berichten wir über kleine und große Aufreger aus den Kiezen. Fünf Beispiele, wo wir die Stadt verändert haben.

Die Karlsgarten-Grundschule verwandelte sich jeden Sommer in eine Sauna. Während der Hitzeperiode 2018 maßen die Schüler bis zu 60 Grad Celsius auf den Fluren und bis zu 40 Grad in den Klassenräumen. Bei einer Protestaktion schrieben die Schüler Sprüche wie: „Selbst die Fische schwitzen“ auf ihre Plakate, die sie samt einem Temperaturprotokoll an Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) übergaben. Sie forderten Bildung statt Kopfschmerz – und Umbaumaßnahmen am Schulgebäude.

Grund für die Hitze war nämlich ein Planungsfehler: Bei der Bauplanung 1995 sei „die Problematik des sommerlichen Wärmeschutzes“ noch nicht Teil der damals gültigen Normen und Anforderungen gewesen, hieß es aus dem Neuköllner Hochbauamt. Die Folge: riesige Glasfassaden und Fensterfronten, mangelnde Durchlüftung.

Der Bezirk ließ 2015 ein riesiges Sonnensegel installieren, das allerdings bereits nach einem Jahr defekt war. Anschließend stritten Bezirk und Herstellerfirma jahrelang darüber, wer für die Reparaturkosten aufkommen muss.

[Madlen Haarbach ist Autorin des Leute-Newsletters aus Neukölln, der mittwochs verschickt wird. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Im Sommer 2018 wandte sich die Elternvertretung der Karlsgarten-Schule an den Neukölln-Newsletter. Nach mehreren Nachfragen wurden im Herbst 2019 eine Sonnenschutzfolie auf dem Glasdach und Jalousien vor den Fenstern der Südseite installiert. Ob diese den Hitzetest bestehen? Das wird leider erst der nächste Sommer zeigen.

Schöner Aufzug in Köpenick

Der Aufzug im S-Bahnhof Köpenick war gerade erst ein halbes Jahr alt, fiel aber trotzdem ständig aus. Im Juni wandte sich Gabriele Prchala an die Leute-Redaktion. „Richtig schlecht ist, dass der Totalausfall extrem lange dauert und dass Menschen mit Handicap, mit Kinderwagen und Lasten oder mit Fahrrad (so wie ich) die hohe Treppe zum Bahnsteig nutzen müssen. Das nervt.“ Die Deutsche Bahn verwies auf ihren Dienstleister, der müsse sich kümmern, habe aber seinen eigenen Terminplan. Ende Juli schreibt Radfahrerin Prchala erneut an die Redaktion: Der Aufzug sei schon wieder defekt. Was könne man da tun? „Aufruf im ,Leute‘-Newsletter? Demo vor dem Rathaus? Böser Brief an die DB? Eingabe beim Petitionsausschuss ....?“

[Thomas Loy ist Autor des Leute-Newsletters aus Treptow-Köpenick, der montags verschickt wird.]

Inzwischen melden auch andere Leser den gestörten Aufzug. Wieder Anfrage bei der Bahn. Die erklärt, der Aufzug habe unter dem Juni-Starkregen gelitten. Der Dienstleister kümmere sich um die „Fehlerprüfung“, zehn Tage später meldet sich erneut die Bahn: „Seit Sonntag konnten wir keine neue Störung des Aufzugs Köpenick verzeichnen.“ Hoffnung keimt auf, im Dezember dann Nachfrage bei den Nutzern: Was macht der Aufzug? Gabriele Prchala: „Das ist sehr nett, dass Sie nachfragen, vielen Dank! Inzwischen funktioniert der Aufzug wieder (ein paar kleine Aussetzer ausgenommen). Ich denke, dass der aufgebaute Druck aufgrund Ihrer Presse-Nachfrage bei den zuständigen Stellen sicherlich dabei mitgeholfen hat.“

Tegel sagt Danke

Seit das Tegeler Fließ zwischen Lübars und der Mündung in den Tegeler See zu einem geschützten Gebiet (FFH) erklärt wurde, haben sich viele Tierarten dort wieder niedergelassen. Seit dem Sommer gibt es sogar einen veritablen Biberdamm auf Höhe der Jugendherberge. Dennoch hat sich der Senat verpflichtet, Totholz und Stämme aus dem Fließ und dem Hermsdorfer See zu entfernen, damit sich das Fließ nicht dahinter aufstauen kann.

[Gerd Appenzeller ist Autor des Leute-Newsletters aus Reinickendorf, der mittwochs verschickt wird.]

Der Senat behauptet, dieser Verpflichtung regelmäßig nachzukommen, zuständige Stellen bestreiten auch, dass der Hermsdorfer See zunehmend verlandet. Leserinnen und Leser des Newsletters dokumentierten immer wieder, dass das nicht stimmt, ein Bild aus dem Januar 2018 zeigte die einstige Naturidylle als verwahrloste Wasserwüste. Der Newsletter forderte die Behörden immer wieder auf, tätig zu werden. Schließlich teilte der Senat mit, der Hermsdorfer See würde ausgebaggert, bestritt aber jeden Zusammenhang mit der Berichterstattung. Leserinnen und Leser sahen das anders.

 Anwohner dankten per Aushang für das Engagement.
Anwohner dankten per Aushang für das Engagement.

© Christine Arlt-Schümann

Heiliges Tempelhof-Schöneberg

Im Herbst hat der evangelische Pfarrer Alexander Höner, der im Kirchenkreis die Arbeits- und Forschungsstelle „Theologie der Stadt“ leitet und bereits im Newsletter vorgestellt wurde, ob wir nicht dem Pfarrkonvent Anregungen geben könnten, worüber die Pfarrer im Bezirk Heiligabend predigen können. Die Idee war sehr charmant; der Termin Anfang Dezember.

[Sigrid Kneist ist Autorin des Leute-Newsletters aus Tempelhof-Schöneberg, der dienstags verschickt wird.]

Gut 30 Theologen waren da, Themen wurden angesprochen, die in den Stadtteilen virulent sind. Das ging von Homophobie im Regenbogenkiez über die Ängste der Menschen nicht nur in der Innenstadt, sich ihre Wohnung nicht mehr leisten zu können, hin zu den Belastungen am Stadtrand von Lichtenrade wegen der dortigen Großbaustellen. Alles Themen eben, die im wöchentlichen Newsletter regelmäßig zur Sprache kommen und die Menschen im Bezirk beschäftigen.

Liebes Spandau

Sie hat Ja gesagt! Premiere in unseren Tagesspiegel-Newslettern: ein Heiratsantrag. Der kam Ende September von Ralf Schreiber aus der Wasserstadt in Spandau – mit Foto, Ring und berlinischer Gelassenheit: „Ach, damit ich’s nicht vergesse – willst du meine Frau werden?“ Und die Antwort? Sie hat Ja gesagt – und ein zauberhaftes Foto geschickt.

Leser Ralf Schreiber drückte ihr am Dienstag, 12.55 Uhr, nervös den Spandau-Newsletter in die Hand. Biene Feuerhahn: „Völlig unerwartet sollte ich unbedingt und gleich – er wartete schon den ganzen Vormittag auf irgendwas – einen Artikel im Spandau-Newsletter lesen.

[André Görke ist Autor des Leute-Newsletters aus Spandau, der dienstags verschickt wird.]

Und dann las ich ihn und las ihn und verstand gar nichts mehr“, schrieb uns Biene Feuerhahn hinterher.

Biene Feuerhahn sagte "Ja" zum öffentlichen Hochzeitsantrag per Newsletter.
Biene Feuerhahn sagte "Ja" zum öffentlichen Hochzeitsantrag per Newsletter.

© Privat

„Dann aber schossen mir die Tränen in die Augen, ich drückte meinen Ralf und antwortete ‚Ja‘“. Kommentar von Ralf Schreiber: „Ich kann den Newsletter auf jeden Fall weiterempfehlen.“ Glück gehabt!

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