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Der Lichtenberger Bezirksstadtrat Kevin Hönicke (SPD). .

© dpa (Bildfunk) / Bezirksamt Lichtenberg

Update

Lichtenberger Stadtrat scheitert vor Gericht: SPD-Politiker Hönicke darf vorerst nicht zurück ins Bezirksamt

Lichtenbergs Stadtrat Kevin Hönicke kann zunächst nicht wieder ins Bezirksamt. Das Verwaltungsgericht Berlin lehnte seinen Eilantrag ab – wegen Verdachts auf Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht.

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Der Lichtenberger Stadtrat Kevin Hönicke (SPD) gab sich trotz Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts des Verrats von Dienstgeheimnissen stets voller Zuversicht. „Ich setze weiter auf den Rechtsstaat“, erklärte er wiederholt. Doch nun ist Hönicke in der Denunziationsaffäre um angebliche sexuelle Belästigung mit einem Eilantrag gegen seine Freistellung vor dem Verwaltungsgericht gescheitert.

Hönicke hatte beantragt, dass das von Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) verhängte Verbot der Amtsausübung aufgehoben wird. Schaefer gehe es nur darum, „seine politischen Ziele durchzusetzen“ – und zwar „ohne Störungen durch den ihm politisch nicht genehmen“ SPD-Politiker. Das Gericht lehnte diesen Antrag nun aber ab. Nach Lage der Dinge erscheine die Freistellung rechtmäßig, heißt es im Gerichtsbeschluss.

Ein Verbot der Amtsausübung sei möglich, wenn zwingende Gründe dies erforderten – das sei bei Hönicke derzeit der Fall, entschied das Gericht. Es lägen ausreichende Indizien für den Verdacht vor, dass Hönicke seine beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht verletzt hat. Dadurch sei das Vertrauensverhältnis zum Bezirksbürgermeister beschädigt. 

Amt sah hinter Vorwurf der sexuellen Belästigung simple Diffamierung

Konkret geht es um einen anonymen Brief mit geheimhaltungswürdigen Inhalten, dessen Frankierung zu Hönickes E-Mail-Adresse geführt hat. Hönickes Anwälte meinten, aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft sei nicht erkennbar, welche schutzwürdigen Geheimnisse in dem Umschlag gewesen sein sollen. Das sieht das Gericht anders und bestätigt auch die bisherigen Tagesspiegel-Recherchen.

Hönicke war Mitte Oktober freigestellt worden. Eine Woche danach hat die Staatsanwaltschaft in einem seit Frühjahr laufenden Ermittlungsverfahren Hönicke als Beschuldigten in die Akten eingetragen. Für den SPD-Politiker gilt die Unschuldsvermutung.

Ein Tagesspiegel-Redakteur hatte wie andere Journalisten einen anonymen Briefumschlag erhalten. Davon verbreitete er im Frühjahr in einem sozialen Medium ein Foto. Der Post wurde nach wenigen Minuten wieder gelöscht. Das Bezirksamt Lichtenberg erstattete Anzeige, das Landeskriminalamt (LKA) ermittelte.

Die auf dem Foto erkennbare Briefmarke war per personalisiertem Account beim Postdienstleister DHL zum Selbstausdrucken erstellt worden. Anhand eines Codes darauf konnten die Ermittler Hönicke durch seine private E-Mail-Adresse als Accountinhaber identifizieren.

Im Beschluss des Verwaltungsgerichts heißt es dazu: Die „Verknüpfung der Briefmarke mit der Adresse“ des Stadtrats spreche dafür, dass dieser „elektronische Nachrichten aus der Behörde in ausgedruckter Form“, also „geheim zu haltende Interna“ versandt habe. Für andere „eher abseitige Erklärungen“, dass Hönicke die Briefmarke anderen zur Verfügung gestellt haben könnte, gebe es keinen Anhaltspunkt.

Gericht: Auch Stadträte müssen sich an Gesetze halten

Grundsätzlich sei der Bezirksbürgermeister als Dienstbehörde berechtigt, einem Stadtrat aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Dass ein Bezirksstadtrat von der Bezirksverordnetenversammlung gewählt werde, ändere nichts daran, dass auch Stadträte sich an die Gesetze halten müssten, entschied das Gericht.

Einem Bezirksstadtrat „dürften ausreichende Mittel zur Verfügung und Wege offenstehen, wirksam, gleichwohl intern gegen Missstände vorzugehen“, etwa gegen das befremdliche Agieren eines Mitarbeiters, heißt es im Beschluss. Aber längst aus der Welt geräumte Belästigungsvorwürfe „ohne neue Tatsachen (…) wieder in die Welt gebracht zu haben, steigert das Misstrauen“ des Dienstherrn.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Hönicke kündigte am Dienstag an, Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen zu wollen. Seine Anwältin werde das restliche Vorgehen weiter prüfen.

Enthalten sind im anonymen Brief 13 Seiten, davon größtenteils interne E-Mail-Korrespondenz und Gesprächsvermerke aus dem ersten Quartal 2022. Im Anschreiben erhebt eine „Mitarbeiterin“ den Vorwurf, dass ein Mitarbeiter Frauen im Bezirksamt sexuell belästigt haben soll.

Zudem wurde dem damaligen Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) wenige Wochen vor der Wiederholungswahl vom Februar vorgeworfen, er und ihm unterstehende leitende Mitarbeiter hätten die Vorfälle gedeckelt und nichts unternommen. Der Verdacht besteht, dass mit dem Brief und möglicher Berichterstattung, Einfluss auf die Wahl genommen und Grunst beschädigt werden sollte.

Beweise enthielt das Schreiben nicht. Stattdessen geht aus den Unterlagen hervor, dass die internen Ermittlungen schon im März 2022 eingestellt wurden. Für die Bezirksstadträtin Camilla Schuler (Linke) war „nicht zu erkennen, dass sich die Vorwürfe (...) bestätigen“. Sie kam zum Ergebnis, „dass hier auf eine etwas simple Art versucht wird, einen Kollegen zu diffamieren“.  

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