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Berlin: Linksfraktion stoppt Wohnungskonzept des Senats PDS will die öffentlichen Unternehmen nicht auf Kosten finanzschwacher Mieter entlasten

Die Zukunft der städtischen Wohnungsbaugesellschaften bleibt vorerst ungewiss. Ein neues Konzept für die öffentliche Wohnungswirtschaft in Berlin, das der Senat gestern beschließen wollte, wurde auf Betreiben der Linksfraktion vertagt.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Zukunft der städtischen Wohnungsbaugesellschaften bleibt vorerst ungewiss. Ein neues Konzept für die öffentliche Wohnungswirtschaft in Berlin, das der Senat gestern beschließen wollte, wurde auf Betreiben der Linksfraktion vertagt. „Strittig ist, ob und wie die Unternehmen an der Mietpreisschraube drehen dürfen“, steht in einem fraktionsinternen Diskussionspapier. Die Linke befürchtet, dass die wirtschaftliche Sanierung der landeseigenen Unternehmen auf Kosten der Mieter umgesetzt wird.

Seit eineinhalb Jahren bastelt Rot-Rot an einer Strategie für die hoch verschuldeten landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die erst seit 2006 durchgängig schwarze Zahlen schreiben. Das geplante Konzept soll die weiteren Konsolidierungsschritte, die Bedingungen für Wohnungsverkäufe, Mietenpolitik und Mieterschutz und die Aufgaben der Unternehmen im näheren Wohnumfeld festlegen. Die Vorlage der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer, die gestern gestoppt wurde, enthalte „viel Gutes“, heißt es im Papier der Linksfraktion. Trotzdem hat der Koalitionspartner der SPD noch einigen Diskussions- und Korrekturbedarf.

Die Forderungen der Linken, formuliert von der Abgeordneten Jutta Matuschek: Der Bestand von 276 400 städtischen Wohnungen müsse festgeschrieben werden. „Verkäufe sind auf das zur Existenzsicherung notwendige Maß zu reduzieren.“ In den von Armut am stärksten betroffenen Ortsteilen Kreuzberg, Wedding und Mitte müsse der Anteil an kommunalen Wohnungen vielleicht sogar ausgebaut werden. Es gebe deutliche Anzeichen dafür, dass es Bevölkerungsschichten mit niedrigem Einkommen immer schwerer falle, eine erschwingliche Wohnung zu finden. Auch die Mieterbetreuung, Schuldenberatung und „sozio-kulturelle Aktivitäten in den Kiezen“ müssten ausgebaut werden.

Die Linksfraktion bekennt sich zwar zur Entschuldung und Konsolidierung der Unternehmen. Aber sie halten das Ziel von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), dass die Gesellschaften möglichst bald wieder Dividenden in den Landeshaushalt zahlen, für nicht so wichtig. In vielen Wohnquartieren gebe es deutliche Instandhaltungsprobleme. Die Unternehmen müssten ihre Mittel nutzen, um mehr zu sanieren und zu modernisieren.

In der SPD mag niemand so recht erkennen, worin sich die wohnungspolitischen Positionen des Koalitionspartners von den eigenen gravierend unterscheiden. Zumal aus Junge-Reyers Senatsvorlage echte Streitpunkte schon herausgenommen wurden. Zum Beispiel die Idee, alle landeseigenen Gesellschaften unter dem Dach einer Holding zu vereinen. Der SPD-Wohnungsexperte Michael Arndt mutmaßt, „dass die Linksfraktion das Konzept noch in Ruhe diskutieren und nicht einfach abnicken will, bevor es der Senat beschließt“. Zudem will die Linke den Anspruch hochhalten, „das soziale Gewissen der Koalition zu sein“ – so steht es im Fraktionspapier. „Die Wohnungsnot ist noch nicht sichtbar, aber schon da.“

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