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Bettina Jarasch nach dem Volksentscheid: „Wir werden dem Senat auf die Finger schauen“
51 Prozent stimmten am Sonntag in Berlin für die Gesetzesänderung, 48,6 Prozent dagegen. Trotz der Mehrheit scheitert das Vorhaben an zu wenig abgegebenen Ja-Stimmen.
Berlin hat entschieden: Der Volksentscheid „Berlin 2030 Klimaneutral“ ist gescheitert. Damit bleibt es dabei, dass Berlin sich zum Ziel setzt, bis 2045 – und nicht wie von der Initiative angedacht bis 2030 verpflichtend – klimaneutral zu werden. Trotz einer Mehrheit von 51 Prozent scheiterte das Vorhaben am nötigen Quorum von 25 Prozent aller Wahlberechtigten. Dabei wiederholte sich ein Muster, das schon bei der Wiederholungswahl im Februar auftrat: In den Außenbezirken stimmte die Mehrheit gegen, in den innerstädtischen Bezirken für den Volksentscheid. Hier erfahren Sie alles zur Abstimmung und den Reaktionen – live.
Grünen-Chefin Bettina Jarasch warnt vor falschen Schlüssen
CDU-Politiker: „Das war too much, wenn man sieht, dass diese Stadt schon in vielen anderen Grundaufgaben nicht funktioniert“
CDU-Umweltexperte Danny Freymark hat davor gewarnt, dass ein schwarz-roter Senat dem Klimaschutz nach dem gescheiterten Volksentscheid zu wenig Aufmerksamkeit schenken könnte. „Ich glaube, dass beide Parteien keine Zeit haben werden, um sich auszuruhen bei dieser Thematik. Denn die wachsame Zivilgesellschaft wartet.“ Außerdem werde Schwarz-Rot mit den Grünen als der stärksten Oppositionspartei konfrontiert sein.So stimmten die Berlinerinnen und Berlin in den Bezirken ab
Wissenschaftler: Volksentscheid-Bündnis sollte Senat weiter treiben
Unternehmensverbände-Chef: "Klimapolitik mit der Brechstange hat keine demokratische Mehrheit gefunden"
IHK-Präsident Sebastian Stietzel: "Eine pragmatische Sicht auf die aktuellen Herausforderungen hat sich durchgesetzt"
Klima-Expertin: "Der Senat steht jetzt stärker unter Druck"
Aus Sicht der Berliner Politikwissenschaftlerin Lena Partzsch hat der Volksentscheid vom Sonntag durchaus Folgen für die Landespolitik. „Das Klimathema ist jetzt auf der politischen Agenda, und der Senat steht jetzt stärker unter Druck zu handeln“, sagte die Klimapolitik-Expertin und Professorin an der Freien Universität.Raed Saleh spricht sich für weniger Verbote aus
Mieterverein: Tempo beim Klimaschutz muss anziehen
CDU-Generalsekretär: „Dem Klima wäre nicht geholfen gewesen mit unerreichbaren Zielen"
Blog zum Klima-Volksentscheid verabschiedet sich
Nach einer eher ruhigen Abstimmung in Berlin und danach rasant ablaufenden Auszählung verabschieden wir uns mit dem Blog für heute und begrüßen Sie morgen wieder mit aktuellen Reaktionen auf den gescheiterten Volksentscheid. Gute Nacht!Initiative Klimaneustart: „Mehr Stimmen als die CDU“
Mit einem Seitenhieb in Richtung CDU, die vermutlich die kommende Berliner Regierung stellt, hat die Initiative Klimaneustart den verfehlten Volksentscheid in Berlin kommentiert. 442.210 Menschen hätten demnach für eine Änderung des Klimaschutz- und Energiewendegesetzes gestimmt. „Im Vergleich: Bei der Wiederholungswahl im Februar haben nur 428.228 Bürger*innen der CDU ihre Zweitstimme gegeben“, so Stefan Zimmer, Sprecher der Initiative, am Sonntagabend.Man sehe trotz des Scheiterns die positiven Auswirkungen der Kampagne: „In den letzten Monaten war der Klimaschutz Stadtgespräch Nummer eins. Auch die Politik hat erkannt, dass die derzeitigen Ziele nicht ausreichen. Der Volksentscheid zeigt deutlich: Berlin will mehr Klimaschutz. Wir sind am Quorum gescheitert, dennoch hat Berlin ein Zeichen um die Welt gesendet.“
Kritik äußerte „Berlin 2030 Klimaneustart“ daran, dass der Abstimmungstermin nicht mit der Wiederholungswahl zusammengelegt werden konnte. „Eine Mehrheit der Berliner:innen ist zwar für eine Anpassung des Klimaschutz- und Energiewendegesetzes, aber aufgrund des Zustimmungsquorums von 25% tritt unsere Anpassung nun trotzdem nicht in Kraft. Hätte der Volksentscheid wie ursprünglich geplant parallel zur Berlinwahl stattgefunden, wäre das nicht passiert“, sagte Sprecherin Michaela Zimmermann.
Berliner Grüne: Innenverwaltung verhinderte Abstimmung mit Wiederholungswahl
Die Landesvorsitzenden der Berliner Grünen, Susanne Mertens und Philmon Ghirmai, äußerten Kritik an der SPD-geführten Innenverwaltung für den Ablauf der Volksabstimmung: „Der Volksentscheid hatte erschwerte Bedingungen, da die Innenverwaltung den Weg versperrte, ihn mit der Wiederholungswahl anzuberaumen", teilten Sie am Sonntagabend mitZum Anliegen der gescheiterten Volksabstimmung sagten sie: „Die Mehrheit hat sich für mehr Klimaschutz ausgesprochen, aber das Ergebnis zeigt auch, dass die nötige Veränderung polarisiert und Ängste auslöst." Das ändere jedoch nichts an der Dringlichkeit des Anliegens. „Allein das wolkige Versprechen ein Sondervermögen für den Klimaschutz einzurichten, überzeugt nicht. CDU und SPD müssen Klimaschutz in den laufenden Koalitionsverhandlungen zur echten Priorität machen", so Mertens und Ghirmai.
Sie plädierten für Druck aus der Zivilgesellschaft. Die kommende Regierung werde nicht von alleine die Veränderungsbereitschaft haben, die angesichts der klimatischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen notwendig sei.
Initiatoren wollen nach gescheitertem Volksentscheid weiterkämpfen
Die Initiatoren des Bündnisses „Klimaneustart“ haben sich nach dem gescheiterten Volksentscheid für ehrgeizigere Klimaziele in Berlin kämpferisch gezeigt. „Es ist nicht nur ein Projekt von einer Initiative gescheitert, sondern das betrifft alle Menschen in Berlin. Es ist schade für alle Menschen in Berlin. Wir machen natürlich weiter, wir kämpfen weiter“, sagte Jessamine Davis vom Bündnis „Klimaneustart“.Landeswahlleiter enttäuscht über geringe Wahlbeteiligung
Der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler hat sich nach dem Klima-Volksentscheid „ein bisschen enttäuscht“ über die Wahlbeteiligung gezeigt. Für einen Volksentscheid sei die Beteiligung nicht schlecht, sagte Bröchler am Sonntagabend der Deutschen Presse-Agentur. Sie pendele sich bei um die 30 Prozent ein. Er hätte sich demnach aber gewünscht, „dass wir eine höhere Wahlbeteiligung hinbekommen hätten“.Bröchler sprach von einer Möglichkeit für die Bürger und Bürgerinnen, selbst als Gesetzgeber zu agieren. Die Trägerin des Volksentscheides habe sehr mobilisiert, aber sie habe, das zeige das Scheitern, nicht hinreichend organisieren können. Was den Ablauf des Volksentscheides angeht, zeigte sich Bröchler zufrieden. „Alles im grünen Bereich.“ Es habe keine größeren Probleme gegeben. Insgesamt sei es gut gelaufen. (dpa)
Klimaaktivistin Neubauer: „Mehrheit wäre noch vor Jahren unmöglich gewesen“
„Fridays for Future"-Sprecherin und Klimaaktivistin Luisa Neubauer gab sich auf der Berliner Wahlparty trotz des gescheiterten Volksentscheids kämpferisch: „Vielleicht ist heute deutlicher geworden denn je, dass es Kräfte in dieser Stadt, in diesem Land gibt, die alles dafür geben um noch ein Funken mehr Klimazerstörung aus diesem Planeten rauszupressen", sagte sie am Sonntagabend.Man habe die besseren Ideen, die besseren Konzepte für die Zukunft, das merke die Gegenseite und mobilisiere. "Die meinen es ernst, aber wir meinen es auch ernst", sagte Neubauer weiter. Eine Mehrheit für solch ein Gesetz wäre vor einigen Jahren noch unmöglich gewesen. Die Ablehnung sei "dramatisch für alle Menschen, die in dieser Stadt wohnen." „Wir kämpfen weiter, auch für die Menschen, die mit Nein gestimmt haben", sagte Neubauer.
Auch auf Twitter äußerte sich die Klimaaktivistin:
Vorläufiges Endergebnis: 165.000 Ja-Stimmen fehlen
Das vorläufige amtliche Endergebnis für den Klimavolksentscheid liegt vor: Demnach stimmte zwar eine knappe Mehrheit für schärfere Klimaschutzregeln per Gesetz, doch das reichte nicht für das Quorum aus. Die Marke von 25 Prozent der Wahlberechtigten, die für die Annahme des Volksentscheid mit Ja stimmen müssten, wurde deutlich verfehlt.Das Quorum für den Volksentscheid lag bei 607.518 Wählern: Diese Hürde an Ja-Stimmen sowie eine Mehrheit der Stimmen wäre für die Annahme des Gesetzes nötig gewesen, das das Land Berlin zur Klimaneutralität bis 2030 verpflichten sollte. 866.484 Wahlberechtigte gaben eine gültige Stimme ab, 442.210 stimmten mit Ja, 423.418 mit Nein. Das heißt, insgesamt 165.308 Ja-Stimmen fehlten für einen erfolgreichen Volksentscheid.
Sechs Berliner Bezirke stimmten mehrheitlich gegen den Volksentscheid (Reinickendorf, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick, Steglitz-Zehlendorf und Spandau), die anderen sechs (Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln, Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg, Pankow) stimmten dafür. (axf/kmü)
Bezirke-Newsletter zur Klima-Volksentscheid
Ab Montag halten wir Sie auch in unseren kostenlosen Bezirksnewslettern zum Klima-Volksentscheid auf dem Laufenden. Unter anderem erfahren Sie genauere Abstimmungsergebnisse aus den einzelnen Ortsteilen, am Montag aus Lichtenberg und Treptow-Köpenick.Giffey: „Arbeiten dafür, dass Berlin vor 2045 klimaneutral wird“
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey will Berlin trotz des gescheiterten Volksentscheides noch vor 2045 klimaneutral machen. „Wir arbeiten dafür, dass Berlin schnellstmöglich vor 2045 klimaneutrale Stadt wird“, teilte die SPD-Politikerin am Sonntagabend auf Twitter mit.Zum Abstimmungsergebnis sagte Giffey, dass „die Mehrheit der Berliner:innen sieht, dass die Forderungen nicht umsetzbar gewesen wären – auch nicht, wenn sie in ein Gesetz gegossen sind.“ Sie hatte im Vorlauf des Volksentscheides dagegen geworben.
Der Volksentscheid hatte eine Gesetzesänderung gefordert, die das Land Berlin dazu verpflichtet, statt bis 2045 – wie bisher geplant – nun bis 2030 Klimaneutralität zu erreichen.
Zehn von zwölf Berliner Bezirke ausgezählt
Nur noch zwei Bezirke sind offen, fast alle Stimmbezirke sind mittlerweile ausgezählt. In Friedrichshain-Kreuzberg stimmten 77 Prozent der Wähler für schärfe Klimaziele, 23 Prozent lehnten das ab und stimmten mit Nein. Die Beteiligung beim Klimavolksentscheid lag bei 40,6 Prozent.In Pankow sind es 58 Prozent Ja-Stimmen und 42 Prozent Nein-Stimmen. Hier lag die Beteiligung bei 40,5 Prozent. In Steglitz-Zehlendorf gaben knapp 41 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, davon stimmten 46 Prozent mit Ja und 53,6 Prozent mit Nein. In Marzahn-Hellersdorf waren es 71,4 Prozent Nein- und 28,3 Prozent Ja-Stimmen, die Beteiligung lag bei 29,2 Prozent.
In Neukölln stimmten 53,5 Prozent für den Volksentscheid und 46,2 Prozent dagegen. Offen sind noch die Endergebnisse aus Mitte und Tempelhof-Schöneberg. (axf, kmü)
Berliner AfD begrüßt Scheitern des Klima-Volksentscheids
Die Berliner AfD hat das Scheitern des Volksentscheids zur Klimaneutralität positiv gewertet. „Ein gültiges Ja wäre verheerend für unsere Stadt gewesen. Gut, dass dieser Kelch an uns vorübergegangen ist“, erklärte die Landesvorsitzende Kristin Brinker am Sonntagabend. „Die Berliner haben ihren Verstand nicht an der Garderobe abgegeben, sondern ein Zustandekommen des Quorums verhindert“, sagte Brinker.- showPaywall:
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