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Je besser das Wetter, desto höher die Feinstaubbelastung.

© dpa

Feinstaubbelastung in Berlin: Luftqualität leidet unter trockenem Frühlingswetter

Das trockene Frühlingswetter hat nicht nur positive Aspekte: Denn die Feinstaubbelastung steigt seit Wochen und der Grenzwert wurde an mehreren Messstationen schon jetzt häufiger überschritten als im gesamten Jahr 2013. Der Hardenbergplatz hat weiter die zweifelhafte Spitzenposition inne.

Dass das sonnige Frühlingswetter just zum Wochenende umschlagen soll, mag aus Arbeitnehmersicht bedauerlich sein. Empfindliche Nasen allerdings dürften aufatmen. Denn die Berliner Luft ist seit Wochen stark mit Schadstoffen belastet. Schon jetzt ist der Grenzwert für Feinstaub seit Jahresbeginn an mehreren Berliner Messstationen häufiger überschritten worden als im ganzen Jahr 2013. Die Neuköllner Silbersteinstraße und die Frankfurter Allee in Friedrichshain haben bereits zwei Drittel des von der EU erlaubten Jahreslimits „aufgebraucht“. Und beim Grenzwert für den zweiten hoch problematischen Luftschadstoff, Stickstoffdioxid, ist eine erneute Überschreitung praktisch unausweichlich.

„Es kommen zwei Effekte zusammen“, erklärt Annette Rauterberg-Wulff, Expertin für Luftreinhaltung in der Umweltverwaltung: „Die lokalen Emissionen werden nicht abtransportiert, weil meist nur schwacher Wind weht und in den kalten Nächten eine Inversion entsteht, bei der sich die Schadstoffe in der kalten Luft am Boden anreichern. Außerdem kam der Wind aus südlicher oder östlicher Richtung statt vom Atlantik und hat Schadstoffe von weither zu uns transportiert.“

Umweltzone wirkt sich positiv auf Luft aus

Tatsächlich hingen zuletzt fast alle östlichen Bundesländer in der „Abgasfahne“ vor allem tschechischer und polnischer Industrieregionen. Hinzu kommen die im Winterhalbjahr naturgemäß höheren Emissionen aus Gebäudeheizungen sowie lokal aufgewirbelter Staub, vor allem aus dem Straßenverkehr. Auch hat sich gezeigt, dass der Verkehr nicht nur selbst Feinstaub – etwa durch Abgase und Bremsabrieb – produziert, sondern auch vorhandenen aufwirbelt. So ist die Konzentration allergener Blütenpollen ausgerechnet entlang der Stadtautobahn besonders hoch. Zurzeit sind vor allem noch Erlen- und Haselpollen unterwegs. Deren Konzentration dürfte dank Wind und Regen rasch abnehmen. Ab Anfang April folgt dann die von Allergikern ebenfalls gefürchtete Birkenblüte.

In dem aus vielen Stoffen zusammengesetzten Feinstaub-Gemisch sind die Pollen ein eher harmloser Posten. Den Gegensatz bilden die hoch giftigen Partikel aus Dieselmotoren, die dank der 2008 eingeführten Umweltzone stark vermindert wurden. Das zeigt sich in der Luftbilanz fürs vergangene Jahr, die die Senatsverwaltung kürzlich vorgelegt hat. Demnach war die Berliner Luft 2013 insgesamt so sauber wie seit Beginn der Messungen 1987 nicht. Außerdem gleichen sich die Feinstaubwerte an und fernab von Hauptstraßen allmählich an.

Hardenbergplatz baut Spitzenposition aus

Ganz finster sieht es dagegen beim Stickstoffdioxid (NO2) aus: Der Grenzwert für dieses typische – und im Vergleich zum Feinstaub sehr lokale – Diesel-Abgas ist im vergangenen Jahr an allen Berliner Straßenmessstellen überschritten worden. Dabei baut der Hardenbergplatz seine unerfreuliche Spitzenposition weiter aus. Laut Umweltbundesamt war die Luft bundesweit nur an vier anderen Messstellen noch stärker damit belastet als vor dem Bahnhof Zoo. NO2 befördert Sommersmog, reizt die Bronchien und schädigt Pflanzen. Die Spitzenposition des Hardenbergplatzes resultiert aus dem enormen Busverkehr dort. Besserung ist erst mit der sukzessiven Erneuerung der BVG- Flotte in Sicht. Zwar sind die knapp 1200 Busse der BVG allesamt mit Rußpartikelfiltern ausgestattet, aber drei Viertel pusten massenhaft Stickoxide in die Luft. Das ist völlig legal, denn die strenge Abgasnorm Euro 6 gilt für neue Nutzfahrzeuge erst seit Jahresbeginn und für Pkws ab September 2015.

Die hohe NO2-Belastung verstößt gegen EU-Recht – und eine Fristverlängerung hat die Kommission abgelehnt. Berlin und andere Regionen streiten nun mit der EU über die Konsequenzen; schlimmstenfalls droht die Wahl zwischen Fahrverboten und hohen Strafzahlungen. „Wir müssten an etlichen Straßen die Emissionen halbieren“, sagt Rauterberg-Wulff. Tempo 30 sei ein Mittel, „aber das bringt nur was, wenn der Verkehr flüssig bleibt“. Bei Umweltverbänden steht die Verwaltung längst unter Beobachtung. Der BUND hat bereits Anwohner von Tempelhofer Damm und Berliner Allee auserkoren, die die saubere Luft ab 2015 notfalls einklagen würden.

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