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Berlin: Mädchen mit Dynamit-Attrappe: Vater kämpft gegen Strafe

Gericht verhandelt Berufung des palästinensischen Demonstranten

Das Bild ging um die Welt. Viele sahen darin das Symbol eines neuen Fanatismus von in Deutschland lebenden Arabern. Kommentatoren und Politiker wie Innensenator Ehrhart Körting und Innenminister Otto Schily forderten „strengste Konsequenzen“. Der Auslöser der Empörung, der in Berlin lebende Palästinenser Mohamed El-R., fühlte sich jedoch schlicht missverstanden. „Ein hilfloser Aufschrei“ sollte es sein, als der 33-Jährige vor gut einem Jahr seine beiden Söhne und seine Tochter als Selbstmordattentäter verkleidete und mit ihnen am Rande einer Israel-kritischen Demonstration für Pressefotos posierte.

Wegen Billigung von Straftaten wurde El-R. im November zu fünf Monaten Haft auf Bewährung und 300 Stunden Arbeit verurteilt. An diesem Mittwoch nun steht der Vater erneut vor Gericht. Sein Anwalt hat gegen das Urteil vom Herbst Berufung eingelegt.

„In der Urteilsbegründung wurden wichtige rechtliche Fragen nicht ausreichend gewürdigt“, sagt Rechtsanwalt Richard Radtke. Er bezweifelt, dass Mohamed El-R. die Selbstmordattentate von Palästinensern gegen Israelis gut heißen wollte. Außerdem sei fraglich, ob dies überhaupt eine Straftat in Deutschland sei, da der Auftritt von Mohamed El-R. sich ja nur auf die palästinensischen Gebieten bezogen habe. Daher könne die Aktion kaum als Aufruf zu ähnlichen Taten in Deutschland verstanden werden, argumentiert der Anwalt. Außerdem soll das Landgericht die Frage klären, „ob Herr El-R. seine Meinung nicht im Rahmen der Meinungsfreiheit äußern durfte“.

Die heutige Verhandlung dürfte ähnlich großes öffentliches Interesse auslösen wie das erste Verfahren am Amtsgericht Tiergarten. Innensenator Körting, der sich damals für ein hartes Urteil gegen Mohamed El-R. ausgesprochen hatte, wollte sich jetzt nicht mehr zu dem Fall äußern, um nicht den Eindruck zu erwecken, er nehme auf die Justiz Einfluss. Vor einem Jahr hatte er gesagt: „Hier wurde offen für Mord geworben. Ich will solche Leute nicht in der Stadt haben.“

Mohamed El-R. würde die ganze Sache heute am liebsten ungeschehen machen, wie er sagte. Er lebt in einem Neuköllner Flüchtlingsheim und darf als Asylbewerber nicht arbeiten. Die Wochenenden verbringt er mit den Kindern, den Rest der Woche sind sie bei der vom Vater getrennt lebenden Mutter. Auf Demonstrationen geht Mohamed El-R. mit ihnen schon lange nicht mehr.

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