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Berlin: Malen statt zahlen

Draußen pfui, innen hui: Im Winter ist Zeit zum Heimwerken. Wo man Tipps und Hilfe bekommt

Bekanntlich gibt es kein schlechtes Wetter. Aber es gibt Draußen- und es gibt Drinnen-Wetter. Zurzeit ist Drinnen-Wetter, und daran dürfte sich bis März wenig ändern. Zeit und Grund genug, es sich zu Hause ein bisschen schöner zu machen: frische Farbe auf die Wände, vielleicht ockerfarben, mit Schwammtechnik wie in dem Ferienhaus beim letzten Urlaub? Oder erst mal klein anfangen und die klemmende Kinderzimmertür richten und den Handtuchhalter im Bad befestigen – und zwar ohne die Wasserleitung anzubohren. Natürlich kann man alles von Profis erledigen lassen. Aber die kosten Geld und bedeuten den Verzicht auf eigene Erfolgserlebnisse. Und Möglichkeiten, sich schlau zu machen, gibt es wie Schrauben im Baumarkt.

Rüdiger Pipial ist Tischler, Elektromechaniker und Dozent an der Volkshochschule Charlottenburg-Wilmersdorf. „Selbst ist die Frau“ heißt sein Kurs, in dem Teilnehmerinnen lernen, welcher Dübel in welche Wand gehört, welche Werkzeuge man unbedingt im Haus haben sollte, was ein Traps ist und wie man ihn reinigt. „Das Kurspublikum ist völlig gemischt“, sagt Pipial. „Nur die Neugier eint die Teilnehmerinnen.“ Der Kurs geht eher in die Breite als in die Tiefe. Dass er nur für Frauen ist, hängt mit der Nachfrage zusammen: Frauen wollen lernen, was Männer ohnehin zu wissen glauben. Dass er – abgesehen von spezielleren Kursen, etwa zur Möbelrestaurierung – inzwischen der Einzige in Berlin ist, liegt auch am Geld: „Fachräume müssen aufwändig gepflegt und gewartet werden; das ist teuer“, sagt Jochen Götz, der das Angebot der Volkshochschule koordiniert. „Aber zu uns kommen Leute aus allen Bezirken und dem Umland.“

Pipial bringt zum Kurs auch einen Stein mit, den jeder mal anbohren darf, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Vor Elektroinstallationen warnt er dagegen: „Ein mit 21 Kilowatt abgesicherter Durchlauferhitzer bedeutet, dass da die Kraft eines Kleinwagens aus der Steckdose kommt.“ An Gas trauten sich die meisten ohnehin nicht heran, bei Wasseranschlüssen seien sie mutiger: „Manchmal tropft ein selbst angeschlossener Hahn ewig. Dann braucht man doch den Klempner.“

Nicht immer neutral, aber thematisch vielfältig und meist gratis sind die Vorführungen und Schulungen der großen Baumärkte. „Die Frauenkurse haben eher Seminarcharakter“, sagt Ursula Dauth, Sprecherin von Hornbach. „Frauen bekennen sich dazu, wenn sie keinen Plan haben. Männer versuchen eher, sich da durchzuwurschteln.“ Hornbach ist auf beide Zielgruppen eingestellt: Arbeitsanleitungen Online und zum Mitnehmen für die Herren, Seminare für die Damen. So kann man Fliesen und Laminat legen lernen – „ohne Kaufzwang“, wie die Sprecherin versichert. Ähnliches ist von anderen Baumarktketten zu hören, die – teilweise gemeinsam mit Herstellern – Arbeitstechniken vorführen und ihre Kunden probieren lassen. Rüdiger Pipial kann als Profi zumindest die Großkunden-Kurse der Baumärkte beurteilen: „Die sind in Ordnung.“

Von wachsender Nachfrage nach Frauenkursen berichtet auch Anja Meyer von der Deutschen Heimwerker-Akademie (DHA). Die Akademie wurde 1988 auf Initiative von Bosch gegründet und bietet als unabhängiger Verein bundesweit Praxisseminare an, auch in Berlin. Ein Drittel der 15 000 Teilnehmer im vergangenen Jahr waren Frauen – oft Singles oder Geschiedene, die nicht wegen jeder Kleinigkeit die Nachbarn behelligen wollten. „Viele haben vor allem Hemmungen, mit Elektrowerkzeugen zu hantieren“, sagt Anja Meyer. „Hinterher sagen sie dann: Hätte ich gewusst, wie einfach das geht, hätte ich es schon früher selber gemacht.“

Seit es viele einfache Werkzeuge für ein paar Euro beim Discounter gibt und Baumärkte diverse Maschinen verleihen, steht grenzenlosem Tatendrang scheinbar nichts mehr im Wege. Aber der Mieterverein warnt. „Das fängt bei der Müllentsorgung an“, sagt Hauptgeschäftsführer Hartmann Vetter. Bauschutt gehöre nicht in die Hausmülltonne – und werde von der BSR, wenn sie es bemerkt, auch nicht immer stillschweigend abgefahren. Ein Container vor der Haustür kann bei großen Mengen praktisch sein, darf aber nur mit Erlaubnis der Verwaltung auf die Straße gestellt werden. Chemikalien wie Farben sind Sondermüll, den man am besten zum Recyclinghof bringt.

„Auch bei Lärm und Dreck muss man vorsichtig sein“, sagt Vetter: „Ruhezeiten einhalten, Nachbarn informieren und hinterher zur Einweihung einladen!“ Eingriffe an der Bausubstanz müssten vorab mit dem Vermieter vereinbart werden, am besten schriftlich und inklusive Rückbau-Regelung. So vermeide man, beim Auszug den selbst installierten Einbauschrank wieder herausreißen zu müssen, über den sich der Nachmieter vielleicht gefreut hätte. „Und alle Heimwerkerei findet ihre Grenzen da, wo irgendwelche Leitungen beschädigt werden“, sagt Vetter. Lagepläne gebe es eher selten. Wer trotzdem drauflosbohrt, muss hoffen, dass die Leitungen fachgerecht verlegt worden sind – also lotrecht von Steckdosen, Schaltern und Hähnen weg. Wenn doch etwas schief geht, bleibt als letzte Hoffnung die Versicherung. Der kann man Schäden in der eigenen Wohnung oft ganz gut erklären. Wenn einem in fremden Wohnungen Missgeschicke passieren, macht man sich dagegen leicht der Schwarzarbeit verdächtig und hat dann doppelten Ärger. Insofern ist die eigene Wohnung der beste Platz zum Werkeln. Es gibt viel zu tun.

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