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Berlin: „Maßlose Selbstbedienung“

Die beiden Vorstände der Berliner Zahnärzte sollen zu viel kassiert haben. Senat prüft nach Kritik Übergangszahlungen von 66 000 Euro

Berliner Zahnärzte streiten ums Geld, konkret um die Vorstandsbezüge der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV). Stein des Anstoßes ist ein Übergangsgeld, das die beiden Vorstandsmitglieder erhielten, weil ihre ehrenamtliche Funktion zum 1. Januar 2005 in einen hauptamtlichen Job umgewandelt wurde – so wie es der Gesetzgeber verlangt. Kritiker werfen nun dem Vorstand „maßlose Selbstbedienung“ vor. Für den nahtlosen Wechsel vom Ehren- ins gleiche Hauptamt ein Übergangsgeld zu beanspruchen, sei unanständig, sagt Gerhard Gneist, Vorsitzender der Initiative Unabhängige Zahnärzte Berlin. Zumal die Vorständler jetzt wesentlich mehr Geld erhalten: je 175 000 Euro jährlich verdienen der Vorsitzende und sein Vize. Das Übergangsgeld sei eigentlich dafür gedacht gewesen, ausscheidenden Funktionären die Rückkehr in den Beruf zu erleichtern.

Wegen der Vorwürfe vertagte die Vertreterversammlung der 3200 Berliner Kassenzahnärzte am 15. August die Entlastung des Vorstandes – ein, wie KZVChef Jörg-Peter Husemann zugibt, einmaliger Vorgang. Die Kritik weist er zurück. „Alles rechtlich einwandfrei“, sagt Husemann, der eine Übergangsentschädigung von 50 000 Euro erhielt. Seinem Vize Karl-Georg Pochhammer wurden wegen der kürzeren Tätigkeit rund 16 000 Euro gezahlt. Tatsächlich gibt es seit 1986 in Berlin ein Übergangsgeld für Zahnarztfunktionäre, die beim Ausscheiden aus dem Ehrenamt fällig ist. Damals konnte niemand absehen, dass die Funktionäre einmal hauptamtlich tätig sein würden. Solche Regeln gibt es auch anderswo. Und sie wurden 2005 unterschiedlich genutzt. In der Hamburger KZV zum Beispiel wurde sie nicht in Anspruch genommen, in Bremen dagegen gezahlt.

Aber offenbar war dem Berliner Vorstand klar, dass die Regel eine Angriffsfläche für Kritiker bieten könnte. „Wir haben zuvor ein juristisches Gutachten eingeholt“, sagt Husemann dem Tagesspiegel. „Das Ergebnis: Das Geld steht uns zu.“ Sein Stellvertreter Pochhammer ergänzt: „Das ist ja auch kein eigentliches Übergangsgeld, sondern eine Prämie für eine Tätigkeit, die viel weniger einbringt, als die Arbeit in einer Zahnarztpraxis.“

Diesen Verlust aber sollte die Aufwandsentschädigung fürs Ehrenamt ausgleichen. Doch auch da soll Husemann zu viel kassiert haben, sagt Kritiker Gneist. Hintergrund: Neben einer monatlichen Pauschale konnten die Vorständler auch Sitzungsgelder abrechnen. Im Jahr 2003 berechnete Husemann 51 Mal ein Sitzungsgeld von je 153 oder 307 Euro. Insgesamt über 7500 Euro – zusätzlich zur Monatspauschale von 5000 Euro. Häufig hieß es dabei lediglich zur Begründung: „Anwesenheit in KZV“. Aber das sei doch die Aufgabe des Vorstandes, sagt Gneist. Auch die Teilnahme an einem Sommerfest und an der Trauerfeier für den verstorbenen Präsidenten der Berliner Zahnärztekammer rechnete Husemann ab. „Wenn ich als KZV-Repräsentant an Veranstaltungen teilnahm, zu denen ich privat nicht gegangen wäre, erhielt ich dafür Sitzungsgeld“, sagt Husemann.

Nun will der Vorstand einen unabhängigen Gutachter hinzuziehen. Auch die Senatsgesundheitsverwaltung hat sich eingeschaltet: „Wir prüfen die Übergangszahlungen“, sagte eine Sprecherin.

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