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Mauerfall: Der Spurensicherer

Axel Klausmeier leitet die Mauerstiftung. Die deutsche Teilung ist für ihn ein Lebensthema, seit er zum ersten Mal die östliche Hälfte Berlins gesehen hat.

Von der Mauer kommt Axel Klausmeier nicht los. Der neue Direktor der Stiftung Berliner Mauer kennt nicht bloß die meisten baulichen Reste der DDR-Grenzbefestigung in Berlin und Umgebung. Er hat sich auch eine Menge Gedanken über das Funktionieren des Grenzregimes gemacht. Seit der Mann aus dem Ruhrgebiet als 14 Jahre alter Junge zum ersten Mal in Berlin gewesen und die östliche Hälfte der Stadt kennengelernt hat, sind ihm die Mauer, deren Wirkung auf die Menschen, die deutsche Teilung zu einem Lebensthema geworden. Und das, obwohl er Gartenbau gelernt, Kunstgeschichte studiert und seine Doktorarbeit über einen englischen Landschaftsarchitekten geschrieben hat.

Vom kommenden Januar an will sich Klausmeier als Stiftungsdirektor mit dem „System Grenze“ befassen, wie er sagt. Die Mauer und deren Reste sind für ihn „ein Vehikel, um deutlich zu machen, was dieses Bauwerk für die Menschen bedeutete“. Gemeinsam mit dem Cottbuser Kunsthistoriker Leo Schmidt und einer Reihe von Studenten und Mitarbeitern hat Klausmeier von 2001 bis 2003 die Spuren der Mauer in Berlin gesucht, erfasst, dokumentiert und das alles zu einem Buch verarbeitet. Das Buch erschien kurz vor dem Eklat um die Holzkreuze am Checkpoint Charlie 2004, die die Chefin des Mauermuseums, Alexandra Hildebrandt, dort aufstellen ließ.

Von der Aktion hielt Klausmeier damals nicht viel – und doch sei sie wichtig gewesen. Der öffentliche Krach um die Kreuze und die Veröffentlichung eines Buches über die zahllos-unauffälligen Mauerreste – das waren aus Klausmeiers Sicht zwei wichtige Impulse für die Berliner Politik. Die sah nun endlich ein, dass der öffentliche Umgang mit der Mauer zu oberflächlich war. So kamen die Pläne für den Ausbau der Stiftung an der Bernauer Straße in Gang.

Fragt man Klausmeier nach dem Mauerrelikt, das ihn am stärksten beeindruckt hat, grübelt er und spricht dann von einem Oberstufenzentrum in Treptow, das an die Hinterlandmauer grenzte. Dort habe es „Übersteigsicherungen“ in Gestalt langer Metalldorne am Fallrohr für das Regenwasser gegeben. Damit kein Schüler auch nur auf die Idee kam, diese Mauer vor der Mauer zu übersteigen. Klausmeier ist davon noch immer fasziniert, weil solche Details zeigen, wie das „System Grenze“ funktionierte. Solche Sicherungen seien nicht angeordnet worden – irgendjemand habe sie sich ausgedacht. Einer, der das System Grenze verinnerlicht hatte. Wie das alles funktionierte, will er vor allem jungen Leuten vermitteln, nach dem Prinzip „Stell’ dir mal vor“. Die meisten Mauertoten, sagt er, seien nicht einmal 25 Jahre alt gewesen. wvb.

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